Fluktuationskosten effektiv managen: Tipps für HR

Fluktuationskosten effektiv managen

Jeden Tag beginnen laut Institut der deutschen Wirtschaft ca. 27.000 Menschen einen neuen Job. Viele von ihnen haben vorher ihren alten Arbeitgeber verlassen. Und das verursacht für diese Unternehmen Kosten. Man spricht in dem Zuge von Fluktuationskosten. Doch was genau sind Fluktuationskosten, wie werden sie berechnet und wie können sie minimiert werden? In diesem Artikel gehen wir diesen Fragen auf den Grund.

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Was sind Fluktuationskosten?

Fluktuationskosten sind die Kosten, die dadurch entstehen, dass Mitarbeitende Unternehmen verlassen – sei es durch Kündigung, Pensionierung oder andere Formen des Ausscheidens. Die Ausgaben, die bei Unternehmen in dem Zuge anfallen, reichen von Kosten für das Recruiting neuer Mitarbeiter:innen über Onboarding bis hin zu weniger offensichtlichen Kosten wie Produktivitätsverlusten. Für Unternehmen und insbesondere HR ist es entscheidend, diese Kosten zu kennen zu managen und bei einer hohen Fluktuationsrate gegenzuwirken.

Erfahren Sie hier, wie Sie Ihre Fluktuationsrate berechnen können.

Direkte & indirekte Fluktuationskosten

Fluktuationskosten teilen sich in zwei Hauptkategorien: direkte und indirekte Kosten. Direkte Fluktuationskosten sind unmittelbare Ausgaben, die mit dem Ausscheiden von Mitarbeiter:innen verbunden sind. Hierzu gehören klar messbare Posten wie Rekrutierungs- und Einarbeitungskosten. 

Doch die Kosten von Fluktuation reichen noch weiter. Diese verdeckten Kostenfaktoren umfassen zum Beispiel den Wissensverlust durch ehemalige Mitarbeiter:innen, das schleichende Nachlassen der Teamdynamik und sogar die psychologischen Auswirkungen auf die verbleibenden Mitarbeiter:innen. Und auch diese Kosten haben einen erheblichen Einfluss auf die Gesamtleistung und den Erfolg des Unternehmens.

Welche Arten von Fluktuation gibt es?

Die Fluktuation in Unternehmen lässt sich in drei Arten unterteilen: 

  1. Natürliche Fluktuation: Eine Person geht in den Ruhestand oder verstirbt. 

  2. Unternehmensinterne Fluktuation: Mitarbeitende wechseln bspw. innerhalb des Unternehmens die Abteilung. 

  3. Unternehmensfremde Fluktuation: Ein Team-Mitglied kündigt.

Wie man Fluktuationskosten berechnet

Fluktuationskosten genau zu berechnen, kann komplex sein, denn dabei müssen verschiedene Kostenfaktoren berücksichtigt werden. Eine grundlegende Formel zur Bestimmung der Kosten rechnet mit den Kosten pro Fluktuationsfall mal der Anzahl der Fluktuationsfälle im Unternehmen. Das sieht wie folgt aus:

Fluktuationskosten = (anfallende Kosten) x (Anzahl der Mitarbeitenden im Unternehmen x Fluktuationsrate)

Jetzt fragen Sie sich bestimmt: Aber wie hoch sind denn die anfallenden Kosten? Das variiert natürlich von Fall zu Fall. Als Orientierung kann man davon ausgehen, dass die Kosten für einen Personalwechsel zwischen 90 und 150 Prozent des Jahresgehalts (brutto) der verlorenen Mitarbeiter:innen liegen.

Fluktuationsanalyse leicht gemacht 

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Überblick: Diese Kosten entstehen durch Fluktuation

Die finanziellen Konsequenzen von Mitarbeiterfluktuation erstrecken sich über eine breite Palette von Ausgaben. In der folgenden Tabelle zeigen wir Ihnen Beispiele für die verschiedenen Kosten, die im Zusammenhang mit Fluktuation auftreten können. Für Unternehmen ist es wichtig, diese zu kennen, wenn sie gezielt Strategien entwickeln wollen, die die Fluktuationskosten reduzieren.

Kostenart

Direkte oder indirekte Kosten?

Kosten für Stellenanzeigen

Direkte Kosten

Kosten für Personalvermittlung

Direkte Kosten

Schulungs- und Einarbeitungskosten

Direkte Kosten

Kosten für Arbeitsplatzanpassungen

Direkte Kosten

Abfindungszahlungen

Direkte Kosten

Lohnfortzahlung bei Freistellung

Direkte Kosten

Produktivitätsverlust während Einarbeitung

Indirekte Kosten

Produktivitätsverlust durch Teamveränderungen

Indirekte Kosten

Verlust von Fachwissen und Erfahrung

Indirekte Kosten

Verlust von Kundenbeziehungen

Indirekte Kosten

Zeit- und Ressourcenaufwand für Austrittsprozesse (bspw. Führen von Exit-Gesprächen, Verhandlungen, Schreiben von Stellenanzeigen)

Indirekte Kosten

Praxisbeispiel: Der Verlust einer IT-Expertin

Stellen wir uns vor, eine erfahrene Entwicklerin verlässt ihr Unternehmen. Neben den offensichtlichen Rekrutierungs- und Einarbeitungskosten für die Neubesetzung, wird das Unternehmen in dieser Zeit vor Produktivitätsverlusten stehen: Während des Übergangs kommen Projekte ins Stocken, die die Entwicklerin geleitet hat. Die verbleibenden Mitarbeiter:innen haben keine Kapazitäten, um die Aufgaben der ehemaligen Kollegin komplett zu übernehmen. Außerdem geht das Expertenwissen der Entwicklerin verloren, was sich langfristig auf die Effizienz und Qualität der Arbeit auswirken könnte, wenn das Unternehmen keinen adäquaten Ersatz findet.

Wie hoch ist die Fluktuationsrate pro Branche?

Die Fluktuationsrate und damit die Fluktuationskosten variieren erheblich je nach Branche. Statistiken von z. B. dem Statistischen Bundesamt geben einen Aufschluss darüber, wo man mit hoher oder niedriger Fluktuation rechnen kann:

  • Land- und Forstwirtschaft & Fischerei: Diese Sektoren sind saisonal geprägt und haben bspw. zur Erntezeit ein höheres Arbeitsaufkommen. Aufgrund dieser Schwankungen arbeiten Unternehmen oft mit Saisonarbeitskräften mit niedrigeren Qualifikationen. Dadurch ist die Fluktuationsrate mit ca. 80 Prozent in diesen Branchen besonders hoch.

  • Gastronomie: Auch die Gastronomie ist oft ein saisonales Geschäft, zum Beispiel in Urlaubsorten. Auch hier ist die Fluktuation mit rund 70 Prozent natürlicherweise hoch. 

  • Information und Kommunikation & Dienstleistungsgewerbe: In diesen Bereichen bewegt sich die Fluktuationsrate zwischen 40 und bis 60 Prozent.

  • Handel, Instandhaltung & Reparatur, Immobilien, Bildungs- und Sozialwesen: Unternehmen in diesen Branchen können mit einer Fluktuationsrate zwischen 30 und 40 Prozent pro Jahr rechnen.

  • Finanzwesen, Bergbau, Energie- und Wasserversorgung, verarbeitendem Gewerbe und Gesundheitswesen: Hier ist die Fluktuation vergleichsweise niedriger, mit Werten zwischen 15 und 25 Prozent. Mitarbeitende in diesen Branchen sind oft stark spezialisiert und haben damit oft keine große Auswahl an möglichen Arbeitgebern.

  • Öffentliche Verwaltung, Verteidigung: Besonders stabil ist die Personalsituation in diesen Bereichen – Stichwort Verbeamtung – mit Fluktuationsraten von unter 15 Prozent.

68 Prozent der global befragten Arbeitgeber gaben 2021 an, dass die Mitarbeiterfluktuation in den letzten zwölf Monaten zugenommen hat. 38 Prozent der in Deutschland befragten Mitarbeiter:innen würden ihren aktuellen Job wahrscheinlich im nächsten Jahr kündigen. (Quelle: EY-Studie Work Reimagined 2022)

Fluktuationsrate berechnen – so geht’s

Wer die Fluktuation im Unternehmen verstehen möchte, muss die Fluktuationsrate berechnen können. Sie wird errechnet, indem man die Anzahl der ausgeschiedenen Mitarbeiter:innen im Verhältnis zur durchschnittlichen Mitarbeiter:innenzahl setzt und das Ergebnis mit 100 multipliziert. In diesem Artikel gehen wir tiefer darauf ein, wie man die Fluktuationsrate berechnet und interpretiert. 

Behalten Sie den Überblick über Ihre Mitarbeiterfluktuation!

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8 effektive Tipps zur Minimierung von Fluktuationskosten

Hohe Fluktuationsraten und damit -kosten deuten oft auf tieferliegende Probleme in der Organisation hin (es sei denn man bewegt sich in den Sektoren, die von Natur aus eine hohe Fluktuation haben). Deswegen können Strategien, die die Fluktuationskosten minimieren sollen, auch gleichzeitig die Produktivität, das Engagement und die langfristige Mitarbeiterbindung fördern. 

Hier sind einige Strategien und Tipps, die HR-Expert:innen umsetzen können:

1. Ganzheitliches Onboarding-Programm: Ein effektives Einarbeitungsprogramm kann die Bindung neuer Mitarbeiter:innen stärken und sie schneller voll einsatzfähig machen. Denn nichts ist frustrierender, als in einer neuen Rolle nicht loslegen zu können, weil das nötige Wissen fehlt. Indem Sie neuen Mitarbeitenden klare Erwartungen setzen, eine umfassende Einführung in Unternehmenskultur und -prozesse bieten und Mentoring-Möglichkeiten bereitstellen, können Sie den Start erleichtern und das Risiko verringern, dass die neuen Kolleg:innen frühzeitig wieder gehen.

2. Karriereentwicklung und Weiterbildung: Attraktive Karriereentwicklungs- und kontinuierliche Weiterbildungsmöglichkeiten zeigen Mitarbeiter:innen, dass ihrem Arbeitgeber etwas an ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung liegt. Viele Arbeitnehmende entscheiden sich für einen neuen Job, weil sie in ihrer bisherigen Rolle nicht weiterkommen. Diese Ausstiegsgründe werden damit minimiert. 

Hier Vorlage für Karriereplan für Mitarbeitende herunterladen

3. Attraktive Vergütungs- und Benefits-Strukturen: Ein wettbewerbsfähiges Gehalt und eine umfassende Auswahl an Benefits können Mitarbeiter dazu motivieren, längerfristig im Unternehmen zu bleiben. Für HR-Verantwortliche ist es essentiell, die branchenüblichen Gehälter und Zusatzleistungen zu kennen und sich so vom Wettbewerb abheben zu können.

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4. Mitarbeiterfeedback und -kommunikation: Ein offener Dialog zwischen Belegschaft und Führungskräften schafft eine transparente und vertrauensvolle Arbeitsumgebung. Durch regelmäßige Feedbackgespräche, Mitarbeiterumfragen und interne Kommunikationsplattformen können Sie Probleme frühzeitig erkennen und angehen.

Messen Sie mit dieser Mitarbeiterbefragung die Zufriedenheit Ihrer Mitarbeitenden.

5. Work-Life-Balance: Indem Sie eine ausgewogenen Work-Life-Balance fördern, können Sie Stress minimieren und das Wohlbefinden der Mitarbeiter:innen steigern. Flexible Arbeitszeiten, Mobile-Work-Optionen und Unterstützung in familiären Angelegenheiten, bspw. Kinderbetreuung oder Pflege von Elternteilen, tragen dazu bei, Talente langfristig zu binden.

6. Wertschätzung und Anerkennung: Das Thema Wertschätzung ist nicht zu unterschätzen. Auch wenn alle anderen Rahmenbedingungen passen, können Angestellte unzufrieden sein, wenn ihre Leistungen und Erfolge nicht gesehen werden. Wertschätzung steigert das Engagement. Ein einfaches Danke, Teamfeiern und individuelle Anerkennungsprogramme (bspw. interne Awards) schaffen eine positive und wertschätzende Arbeitsatmosphäre.

7. Exit-Interviews und Analyse der Kündigungsgründe: Teammitglieder, die das Unternehmen verlassen, können Ihnen wertvolle Einblicke geben, warum sie sich entschlossen haben zu kündigen. Durch gezielte Austrittsgespräche und die Analyse dieser Informationen können Sie Muster erkennen und gezielte Gegenmaßnahmen entwickeln.

Mit Austrittsgesprächen erhalten Sie offene und ehrliches Feedback – hier ist der passende Fragebogen.

8. Starke Unternehmenskultur: Die Arbeit an einer Unternehmenskultur, in der sich Mitarbeitende wohl, geschätzt und unterstützt fühlen und die ihnen ein Gefühl der Zugehörigkeit vermittelt, ist ein langfristiger Prozess. Aber es ist ein Weg, der sich immer lohnt – nicht nur in Bezug auf Fluktuationskosten.

Fazit

Fluktuationskosten sind ein wichtiger Aspekt des Personalmanagements, der eine erhebliche finanzielle Auswirkung auf Unternehmen haben kann. Indem sie verstehen, wie diese Kosten entstehen und wie sie berechnet werden, können HR-Manager:innen geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Fluktuation zu minimieren und die langfristige Stabilität des Unternehmens sicherzustellen. Und das reduziert nicht nur Kosten, sondern schafft auch eine positive Arbeitsumgebung, die talentierte Mitarbeiter:innen anzieht und langfristig bindet.

Disclaimer

Hohe Fluktuation schneller erkennen

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