Change Management: Was im Prozess wirklich zählt

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Unternehmen müssen sich laufend verändern, um sich neuen Marktbedingungen anzupassen. Doch 75 bis 80 Prozent aller Change-Projekte scheitern, wie Studien belegen. Befragt man die Projektbeteiligten, wird klar: Ein Großteil des Erfolgs hängt von der HR ab. Als Führungskraft sollten Sie also wissen, wie Change funktioniert. Erfahren Sie in diesem Artikel, mit welchen Modellen und Methoden Sie Change-Prozesse strukturieren und positive Veränderungen von HR-Seite unterstützen können.

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Definition: Was ist Change Management?

Amerikanische Wissenschaftler verwendeten den Begriff Change Management erstmals in den 1930er-Jahren. Eine Kurzdefinition lautet:

„Change Management meint die Umsetzung ausgewählter Maßnahmen, um Abteilungen oder die gesamte Organisation tief greifend zu verändern und von einem Ausgangszustand zu einem definierten Zielzustand zu bewegen."

Wenn Unternehmen nur einzelne Prozesse optimieren, geht es nicht um Change im Sinn der Definition. Beim Change Management werden Strukturen, Prozesse und Verhaltensweisen „tief greifend“ und auf ein konkretes Ziel hin verändert.

Typische Beispiele für Ziele von Change Management:

  • Globale Präsenz: Sollen wir expandieren?

  • Kundenorientierung: Wie verbessern wir unser Angebot?

  • Beweglichkeit: Wie werden wir schneller?

  • Innovation: Wie schaffen wir neues?

  • Nachhaltigkeit oder Corporate Social Responsibility: Wie senken wir unseren Ressourcenverbrauch?

Sind Change und Transformation das Gleiche?

Change zielt auf konkrete, messbare Veränderungen ab. Das Projekt hat einen klaren Anfang und ein Ende.Transformation ist grundlegender, unvorhersehbarer und experimenteller. Man sucht zum Beispiel nach einem Geschäftsmodell für die Zukunft oder verändert die gesamte Organisation in einem fortlaufenden Prozess.

So wird Ihr Change-Projekt ein Erfolg

Change Management Leitfaden Vorschau

In unserem Leitfaden erfahren Sie, welche Prozesse Sie zuerst digitalisieren und welche Stakeholder Sie einbeziehen sollten, damit Ihr Change ein Erfolg wird.

Zwei bekannte Modelle, um Change-Management-Prozesse zu organisieren

Change-Prozesse sind komplex. Um den Überblick zu behalten und die Veränderung sinnvoll zu strukturieren, können Führungskräfte auf Change-Management-Modelle zurückgreifen. Zwei aktuelle Modelle stammen von Wilfried Krüger und Jeff Hiatt. Beide betrachten die Veränderungsprozesse aus unterschiedlichen Perspektiven und setzen unterschiedliche Schwerpunkte.

5-Phasen-Modell von Krüger

Der deutsche Wirtschaftswissenschaftler Wilfried Krüger entwickelte ein 5-Phasen-Modell. Es baut auf den zwei vielleicht bekanntesten Modellen zur Strukturierung von Change-Management-Prozessen auf: dem 3-Phasen-Modell für Change von Kurt Lewin und dem 8-Stufen-Modell von John Kotter.

Das 5-Phasen-Modell ist differenzierter als Lewins und weniger starr als Kotters Modell. Es geht davon aus, dass Phasen flexibel anpassbar sein müssen. Auch Rückschritte in frühere Phasen sind während eines Change-Management-Prozesses möglich.

Change Management nach dem 5-Phasen-Modell von Krüger
  • Initialisierung: Führen Sie eine Ist-Analyse durch. Finden Sie heraus, welcher Change notwendig ist und bestimmen Sie einen Change Manager.

  • Konzeption: Benennen Sie Projektverantwortliche, die ein Konzept erarbeiten und anschließend einen Maßnahmenkatalog erstellen.

  • Mobilisierung: Kommunizieren Sie den geplanten Change früh und transparent. Auf diese Weise erreichen Sie eine größtmögliche Veränderungsbereitschaft unter den Mitarbeiter*innen.

  • Umsetzung: Das Team setzt die geplanten Maßnahmen um. Projektverantwortliche überprüfen den Fortschritt und passen die Vorgehensweise bei Bedarf an.

  • Verstetigung: Der Change war erfolgreich. Bereiten Sie Ihre Mitarbeiter*innen jedoch auf weitere Veränderungen vor.

ADKAR-Modell

Jeff Hiatt legt mit seinem ADKAR-Modell den Fokus auf die Einbeziehung der Mitarbeiter*innen. Das Modell teilt den Veränderungsprozess ebenfalls in fünf Phasen.

Change Management Prozess nach dem ADKAR Modell
  • Awareness: Schaffen Sie bei den Mitarbeiter*innen das Bewusstsein, dass die Veränderung notwendig ist. Kommunizieren Sie, was genau verändert werden soll, was gleich bleibt und wer wann wie stark betroffen ist.

  • Desire: In der zweiten Phase sollten Sie den Wunsch bei den Mitarbeiter*innen wecken, die Veränderung umzusetzen. Erklären Sie die Vorteile, die der Change für das Unternehmen und den einzelnen Mitarbeitenden mit sich bringt.

  • Knowledge: In der dritten Phase vermitteln Sie den Mitarbeiter*innen das Wissen, das sie brauchen, um den Change zu verwirklichen. Dazu stehen diverse Methoden zur Verfügung. Vielleicht ist es notwendig, Schulungen für neue Anwendungen zu organisieren, vielleicht müssen im Rahmen von Workshops neue Workflows erarbeitet werden oder Maßnahmen zum Teambuilding stattfinden.

  • Ability: In der vierten Phase trainieren Mitarbeiter*innen Fähigkeiten, die für die erfolgreiche Veränderung notwendig sind. Sie setzen das neue Wissen um und treiben den Change-Prozess aktiv voran. Schaffen Sie bei Bedarf neue Rollen, Strukturen und Prozesse.

  • Reinforcement: In der fünften Phase werden erste Erfolge sichtbar. Kommunizieren Sie diese, um das Engagement der Mitarbeiter*innen zu verstärken. Gleichzeitig geben Sie damit das wichtige Signal: Es gibt kein Zurück mehr.

Change-Management-Methoden: Welche Werkzeuge können Sie nutzen?

In den einzelnen Prozessphasen greifen Führungskräfte auf verschiedene Methoden zurück, um die Veränderung voranzutreiben. Die HR ist dabei in jeder Phase ein wichtiger strategischer Partner der Geschäftsführung.

Als HR-Führungskraft liegen Ihre Aufgabenschwerpunkte in der Moderation von Veränderungsprozessen, in der Weiterbildung und im Wissensmanagement. Diese Methoden sind für HR-Führungskräfte im Change Management besonders relevant:

Kulturanalyse

Was zeichnet die Organisationskultur aus? Wo gibt es potenzielle Veränderungsblockaden und mit welchen Maßnahmen lassen sich diese aus dem Weg räumen? Mithilfe einer solchen Kulturanalyse kann die HR direkt zu Beginn eines Projekts den Weg für das weitere Change Management ebnen.

Konfliktmanagement

Veränderungsprozesse bringen immer Spannungen ins Team. Es ist Aufgabe der HR, bei eskalierenden Konflikten die Rolle des Mediators einzunehmen und zwischen den Parteien zu vermitteln. Erst wenn Konflikte konstruktiv gelöst werden, kann auch der Change-Prozess erfolgreich weitergehen.

Team Building

Change-Projekte stellen den Zusammenhalt der Teams auf die Probe: Kollegen geraten über Details der Umsetzung in Streit oder die Führungskraft ordnet Überstunden an, um das Projekt im Zeitplan zu halten. Wenn die HR Teamaktivitäten außerhalb des Büros organisiert, kann dies den Teamgeist beflügeln und sich positiv auf die Ergebnisse auswirken.

Führungskräfte-Coaching

Veränderung bedeutet: neue Strukturen und neue Rollen. Einige Mitarbeiter*innen übernehmen zum ersten Mal Verantwortung und brauchen Unterstützung, um in die Rolle hineinzuwachsen. Andere haben Schwierigkeiten, in veränderten Strukturen zu arbeiten oder Teamkonflikte zu klären. Hier übernehmen HR-Führungskräfte eine wichtige Funktion als Berater und Coaches.

Change Reporting

Meist sind es HR-Führungskräfte, die den Veränderungsprozess und die erreichten Ziele dokumentieren. Dazu müssen sie KPIs (Key Performance Indicators) festlegen und den Fortschritt in regelmäßigen Change Reports erfassen und analysieren. Nur so können sie Maßnahmen frühzeitig korrigieren und Optimierungsmaßnahmen veranlassen.

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Die psychologischen Phasen im Change-Prozess

Die besten Prozesse und Methoden im Change Management nützen nichts, wenn die Mitarbeiter*innen die Veränderung insgeheim ablehnen. Organisiert ein Sachbearbeiter seinen Job seit Jahren auf die gleiche Weise, wird er erst einmal wenig begeistert sein, wenn er sich nun in völlig neue Software einarbeiten soll. Die Marketing-Mitarbeiterin, die plötzlich agil arbeiten soll, tut sich schwer mit den neuen Methoden. Das ist völlig normal.

Um als HR-Manager*in Mitarbeiter*innen gut durch Veränderungsprozesse zu begleiten, hilft es die Emotionen zu verstehen, die Mitarbeiter*innen erleben. Typischerweise durchlaufen die Emotionen sieben Phasen, wie das Modell der Veränderungskurve nach Elisabeth Kübler-Ross beschreibt.

  • Schock: Die Führungskräfte teilen das Change-Vorhaben mit. Die erste Reaktion der Mitarbeiter ist meist Schock. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Oft verstehen Mitarbeiter*innen die Notwendigkeit der Veränderung nicht und reagieren mit innerem Widerstand.

  • Verneinung: Der innere Widerstand kann in heftige Abwehr umschlagen. Betroffene Mitarbeiter*innen wollen sich nicht von ihren gewohnten Routinen lösen und fürchten eine Verschlechterung ihrer Situation.

  • Trauer: Mitarbeiter*innen realisieren, dass sie mit ihrem Widerstand keinen Erfolg haben und trauern über den kommenden Verlust des Altbewährten.

  • Abschied: Langsam setzt die Bereitschaft ein, das Alte loszulassen.

  • Akzeptanz: Die Bereitschaft der Mitarbeiter*innen wächst, sich konstruktiv mit der Veränderung zu befassen.

  • Ausprobieren: Mitarbeiter*innen beginnen, sich in den Change-Prozess einzubringen, mit neuen Möglichkeiten zu experimentieren und die Veränderung mitzugestalten.

  • Integration: Der angestrebte Change ist Realität. Mitarbeiter*innen haben sich mit der neuen Situation vertraut gemacht und es stellt sich eine neue Stabilität in der Organisation ein.

Mit diesem Wissen können Sie Widerstände der Mitarbeiter*innen besser einordnen – es stecken meist keine bösen Absichten dahinter, sondern Unsicherheit und Angst. Bedrängen Sie sie nicht, sondern geben Sie ihnen Zeit und führen Sie sie behutsam durch den Veränderungsprozess. Zeigen Sie Empathie. Wenn Sie Mitarbeiter*innen dort abholen, wo sie innerlich stehen, können Sie sie leichter zur Veränderung bewegen.

Erfolgsfaktoren im Change Management

Betriebswirtschaftliches Know-how, Projektmanagement-Expertise, die richtige Technologie und psychologisches Feingefühl – es braucht eine Reihe unterschiedlicher Elemente, um Change-Projekte zum Erfolg zu führen.

Drei der wesentlichen Erfolgsfaktoren sind:

Spezifische Ziele setzen

Die Umsatzzahlen gehen zurück. Die Vertriebsleitung hält es daher für nötig, das Incentive-Modell zu verändern und ruft ein Change-Projekt aus. Was soll konkret erreicht werden? Wie wird der Erfolg gemessen? Wann soll das Modell eingeführt sein? Damit das Team effektive Maßnahmen entwickeln kann, muss zuerst ein klares Ziel definiert werden. Bewährt haben sich Zielformulierungen, die SMART sind. SMART steht für: spezifisch, messbar, attraktiv und terminiert.

Mitarbeiter*innen beteiligen

Ein Standort schreibt schon lange rote Zahlen und soll mit einem anderen zusammengelegt werden. Das ruft Kritiker auf den Plan. Statt den neuen Kurs nur durchzusetzen, sollten HR- und Projektmanager kritischen Mitarbeiter*innen Gehör schenken. Gut möglich, dass sie wichtige Impulse liefern, warum es sich lohnt, zumindest einige bewährte Strukturen beizubehalten. Da Mitarbeiter*innen direkt von der Veränderung betroffen sind und sie mittragen müssen, kann der Change nur gelingen, wenn sie am Prozess beteiligt werden.

Methodisch vorgehen

Die Verantwortlichkeiten zwischen den verschiedenen Vertriebsteams sollen neu verteilt werden. In den neuen Teams kommt es jedoch zu Spannungen: Alte Privilegien sind weggefallen, manche fühlen sich übergangen oder hätten sich eine andere Position gewünscht. Wie kann die HR nun unterstützen? Solche Situationen sind unübersichtlich und nicht einfach zu lösen. Personaler sollten sich dabei nicht allein auf ihr Bauchgefühl verlassen. Klare Planung und methodisches Vorgehen helfen, solche Herausforderungen professionell zu lösen.

Risiken für den Erfolg im Change Management

Woran könnte Ihr Change-Projekt scheitern? Drei große Risikofaktoren für ein Scheitern der Veränderung sind:

Keine Prioritäten setzen

Der neue CEO will alles. Er ruft ein Change-Projekt aus, um gleichzeitig mehr Innovation, Kundennähe, Agilität und Expansion zu erreichen. Das Ergebnis: Aufgrund der vielen Veränderungen passieren viele Fehler, die Mitarbeiter*innen sind unsicher und demotiviert. Das Unternehmen verzettelt sich und steht am Ende schlechter da. Wer zu viel Change auf einmal angeht, läuft Gefahr die Situation eher zu verschlimmbessern. Setzen Sie als Führungskraft deshalb zu Beginn jedes Change-Prozesses klare Prioritäten, und verändern Sie einzelne Bereiche schrittweise.

Unternehmenskultur vernachlässigen

Ein häufiger Fehler ist, Change-Projekte wie normale Projekte zu planen. Die Zusammenlegung von Standorten lässt sich organisatorisch vielleicht innerhalb von Wochen durchführen. Doch die Unternehmenskultur ändert sich nur langsam. Es kann Monate oder Jahre dauern, bis sich die Teams ganz an die neue Situation angepasst haben. Solche Faktoren müssen in der Planung berücksichtigt werden. Gespräche, Coachings und Team Workshops können geeignete Maßnahmen sein.

Zu wenig Ressourcen einplanen

Nicht nur das Budget für das Change-Projekt muss stimmen – es braucht auch ausreichend Zeit, Personal und Know-how für die erfolgreiche Veränderung. Nach einer Umstrukturierung brauchen die Mitarbeiter*innen intensive Schulung für neue Aufgaben. Während dieser Zeit können Sie nicht im Tagesgeschäft arbeiten. Führungskräfte sollten eine genaue Bestandsaufnahme durchführen und vorhandene Ressourcen realistisch verplanen. Sonst können die Ziele nicht erreicht werden; der Wille zur Veränderung und die Begeisterung der Mitarbeiter*innen verfliegen schnell wieder.

HR-Manager*innen sind als Change Manager gefragt

Manche Change-Projekte haben auf den ersten Blick nichts mit der HR zu tun, zum Beispiel wenn eine neue IT-Plattform eingeführt wird. Das täuscht: Immer müssen Mitarbeiter*innen neues Wissen erwerben oder neue Arbeitsweisen lernen – oder einfach die Veränderung akzeptieren. Ohne das Engagement der Mitarbeiter*innen sind Change-Projekt niemals erfolgreich.

HR-Manager*innen gestalten den Veränderungsprozess wesentlich mit – von der Analyse der Unternehmenskultur über die Organisation von Teambuilding- und Konfliktmanagement-Maßnahmen bis zur Auswertung der Change-Ergebnisse. Sie binden die Mitarbeiter*innen in die Veränderungsprozesse ein und helfen ihnen dabei, sich anzupassen.

Durch die Digitalisierung verändern sich die Märkte immer schneller. Tatsächlich müssen sich Unternehmen heute permanent an neue Entwicklungen anpassen, um im Wettbewerb bestehen zu können. Die Rolle der Personaler*innen als Change Manager – als Gestalter der Veränderung – wird in Zukunft noch wichtiger.

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