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Arbeit 4.0: Bedeutung, Auswirkungen, Herausforderungen
Die Digitalisierung, eine neue Erwartungshaltung von Mitarbeitern, New-Work-Konzepte: Die Arbeitswelt befindet sich in rasantem Wandel. Wir verraten, was im Zuge der Arbeit 4.0 auf HRler und Mitarbeiter zukommt – und wie Sie die Transformation für sich nutzen können.
Mission Possible – wie Sie mit unserem kostenlosen Leitfaden die digitale Transformation meistern.Was bedeutet Arbeit 4.0?
Der Begriff Arbeit 4.0 ist im Kontext der vierten industriellen Revolution entstanden. Er umfasst die Veränderungen der Arbeitsformen und Arbeitsbedingungen – sowohl im industriellen Bereich als auch insgesamt in der Arbeitswelt.
Die Arbeitswelt 4.0 wird vor allem durch die Digitalisierung geprägt. Prozesse werden digital unterstützt oder komplett automatisiert, Menschen können zeit- und ortsunabhängig arbeiten und die gesamte Wirtschaft ist global miteinander vernetzt.
Das Konzept “New Work”
Der Begriff Arbeit 4.0 ist nur in Deutschland und teilweise in der EU bekannt.
International werden die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt unter dem Konzept “New Work” diskutiert. Der Schwerpunkt von “New Work” liegt auf der individuellen Freiheit der Arbeitnehmer, ihre Arbeit nach ihren eigenen Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten.
In der öffentlichen Diskussion wird “New Work” mittlerweile auch hierzulande häufiger verwendet als der eher technische Begriff Arbeit 4.0.
Von Arbeit 1.0 zur Arbeit 4.0
Schon die ersten drei industriellen Revolutionen brachten einschneidende Veränderungen für die Arbeitswelt und die Arbeiter mit sich. Die Entwicklungen wurden jeweils durch neue und verbesserte Technologien angetrieben.
Arbeit 1.0 – Ende des 18. Jahrhunderts
Mitte des 18. Jahrhunderts begann die industrielle Revolution ausgehend von England und Westeuropa. Man nutzte mit Dampf- und Wasserkraft betriebene Maschinen.
Erstmals wurden Güter maschinell und in großen Stückzahlen gefertigt. Eine neue Klasse an Lohnarbeitern entstand, die unter härtesten Bedingungen arbeitete und praktisch keinerlei Rechte besaß. Erste Arbeiterorganisationen entstanden.
Arbeit 2.0 – Ende des 19. Jahrhunderts
Die zweite industrielle Revolution zeichnete sich durch die Elektrifizierung, den weiteren technischen Fortschritt und die Massenproduktion aus. Die erste Fließbandproduktion in den Ford Automobilwerken war ein Meilenstein dieser Phase.
Die Arbeit wurde in immer kleinere Prozesseschritte zerlegt (Arbeitsteilung). Die Unternehmen verbesserten nach und nach die Arbeitsbedingungen. Arbeiter konnten zu einem gewissen Wohlstand kommen und in die gesellschaftliche Mittelschicht aufsteigen.
Arbeit 3.0 – Mitte des 20. Jahrhunderts
Etwa ab den 1970er-Jahren startete die dritte industrielle Revolution. Computer und Industrieroboter wurden kommerziell eingesetzt und unterstützten die menschliche Arbeit. Ganz neue Formen der Automatisierung wurden möglich.
Die neue Technik machte eine breite Qualifizierung der Arbeitnehmerschaft nötig, während viele einfache Arbeiten durch Maschinen erledigt werden konnten – der Anteil der “Wissensarbeiter” nahm stark zu. Die sozialen Marktwirtschaft wurde eingeführt und der Wohlstand der Arbeitnehmer stieg an.
Arbeit 4.0 – Ende des 20. Jahrhunderts
Die schnelle Verbreitung von Computern und Internetanschlüssen läutet in den 1990er-Jahren die vierte industrielle Revolution ein. Sie dauert bis heute an. Die Globalisierung und Vernetzung erreichte eine neue Stufe. Anwendungen mit “künstlicher Intelligenz” wurden praktikabel und können heute mehr und mehr Aufgaben übernehmen, die bisher von Menschen erledigt wurden.
Die konkreten Auswirkungen auf die Arbeitswelt lernen Sie im folgenden Abschnitt kennen.
Wie sieht die Arbeitswelt 4.0 aus?
Das Schlagwort Arbeit 4.0 fasst eine ganze Reihe an Entwicklungen zusammen, die die Digitalisierung mit sich bringt:
Digitaler Arbeitsplatz
Desktop-Computer oder Laptop, Tablet, Smartphone und eine Reihe an Softwareprogrammen gehören zu einem Büroarbeitsplatz. Der normale kaufmännische Angestellte verbringt fast seinen ganzen Arbeitstag mit “digitaler Arbeit”.
Produktionsmitarbeiter programmieren, bedienen und kontrollieren oft nur noch IT-Systeme, während die Maschinen die eigentliche Arbeit erledigen.
Selbst bei Aufgaben, die nach wie vor manuell ausgeführt werden müssen, halten digitale Tools Einzug. Die Datenbrille (Augmented Reality Brille) für den Servicetechniker im Einsatz oder der medizinische Roboter im Operationssaal sind nur zwei Beispiele von vielen.
Zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten
Mitarbeiter können sich mit ihren Kollegen vernetzen und online arbeiten, die Kommunikation läuft über Chats oder Videokonferenzen.
Sie brauchen nicht mehr jeden Tag am Arbeitsplatz anwesend sein, sondern können von überall aus arbeiten: im Homeoffice, einem Coworking-Space oder an einem Strand am anderen Ende der Welt (solange das WLAN funktioniert).
Da Programme und Daten übers Internet permanent verfügbar sind, können Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten flexibler gestalten und selbst planen, zum Beispiel um Beruf und Familie besser unter einen Hut zu bringen. Sind Unternehmen und Teams über verschiedene Zeitzonen verteilt, sind Arbeitszeiten außerhalb von “9 to 5” sogar erforderlich.
Auch interessant: Remote Work: Ist Ihr Unternehmen fit für ortsunabhängiges Arbeiten?
Agile Organisationen und Führungsstile
Die digitale Arbeitswelt 4.0 gibt dem einzelnen Mitarbeiter mehr Freiheit und Verantwortung. Feste Organisationsstrukturen und ein hierarchischer Führungsstil sind nicht mehr zeitgemäß und können ein Unternehmen ausbremsen.
Räumlich verteilte Mitarbeiter arbeiten in wechselnden Teams an verschiedenen Projekten gleichzeitig und organisieren sich selbst. Die Rolle der Führung verschiebt sich weiter in Richtung Moderation, Motivation und Coaching der Mitarbeiter.
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Digitale und automatisierte Prozesse
Computer übernehmen nicht nur immer mehr Aufgaben – das tun sie schon lange. Ganze Prozessketten werden komplett automatisiert, so dass der Mensch an keiner Stelle mehr eingreifen muss.
Durch selbstlernende Algorithmen verbessern sich Systeme selbst und führen komplexe Aufgaben durch, von denen wir lange glaubten, dass zwingend menschliche Intelligenz dafür nötig sei. Computer können zum Beispiel durch die Analyse riesiger Datenmengen (“Big Data”) bessere Zukunftsprognosen treffen oder Krankheitsdiagnosen stellen als jeder Mensch.
Outsourcing
Die globale Vernetzung ermöglicht es Unternehmen, Arbeiten an andere Unternehmen und Freiberufler auszulagern (Outsourcing). Dadurch sparen sie einerseits Kosten. Wichtiger noch, sie greifen auf Know-how zu, das ihre eigenen Mitarbeiter nicht besitzen und können flexibel auf Marktschwankungen reagieren.
Weltweit ist ein Trend zu beobachten, dass immer mehr Aufgaben – sogar kleinste Arbeitsschritte, so genannte “micro tasks” – an Selbständige irgendwo auf der Welt (“web worker”) ausgelagert werden.
Lebenslanges Lernen
Mitarbeiter müssen permanent lernen, um mit dem technologischen Wandel und den Anforderungen der Arbeit 4.0 Schritt halten zu können. Neu entstehende Berufe erfordern immer höhere Qualifikationen.
Soft Skills wie Eigenverantwortung, Zeitmanagement und Anpassungsfähigkeit werden wichtiger, um erfolgreich im Beruf zu sein.
Wie Sie die Anzahl und Qualifikationen Ihrer Mitarbeiter zukunftsweisend planen können, verrät Ihnen dieser Artikel zur Personalbedarfsplanung.
Arbeitgeber 4.0: Welche Herausforderungen müssen Sie meistern?
Jede Revolution bringt eine Menge an Unsicherheit mit sich und stellt neue Anforderungen an die Menschen. Arbeitgeber müssen sich und ihre Arbeitnehmer für Arbeit 4.0 fit machen, damit sie zukunftsfähig bleiben.
Welche Bereiche sind betroffen?
Hard- und Software-Ausstattung
Klingt simpel, aber eine zeitgemäße IT-Austattung ist durchaus eine Herausforderung für viele Unternehmen. Mitarbeiter brauchen Hard- und Software, um im Büro, zu Hause und unterwegs arbeiten zu können.
Sie fordern Konzepte wie BYOD (“Bring Your Own Device: Mitarbeiter nutzen private Geräte für die Arbeit”) und erwarten Unternehmenssoftware, die so einfach zu bedienen ist wie ihr iPhone.
IT-Sicherheit und Datenschutz
Systeme und Daten sind das wertvollste Gut vieler Unternehmen und müssen bestmöglich geschützt werden: vor Ausfall, Verlust oder Diebstahl. Für persönliche Daten von Mitarbeitern und Kunden gelten hohe gesetzliche Schutzstandards.
Wenn Systeme von überall aus zugänglich sind, bieten sie Angriffsflächen für Hacker. Datensicherheit ist daher die zentrale Aufgabe jeder Unternehmens-IT.
Flexible Raum- und Gebäudekonzepte
Der feste Schreibtisch hat ausgedient, wenn Mitarbeiter von zuhause und überall arbeiten können. Leerstehende Büros kosten Geld und fördern nicht gerade eine produktive Arbeitsatmosphäre.
Stattdessen brauchen Unternehmen flexible, “smarte” Bürokonzepte. Mitarbeiter können sich dort nach Bedarf einen Platz suchen, um ungestört oder mit Kollegen zusammenzuarbeiten. Für Meetings oder Kreativworkshops stehen verschiedene Räume zur Verfügung, natürlich mit hervorragender technischer Ausstattung.
Flexible Arbeitszeitmodelle
Work-Life-Balance und Familienvereinbarkeit stehen ganz oben auf der Wunschliste von Arbeitnehmern und digitales Arbeiten macht's möglich.
Entsprechend müssen die Arbeitgeber flexible Arbeitszeitmodelle anbieten, seien es Gleitzeitmodelle oder gleich die Vertrauensarbeitszeit.
Kooperativer Führungsstil
Wie erwähnt kollidieren klassische Führungsstile mit den Anforderungen von Arbeit 4.0. Der Chef weist an und kontrolliert, der Mitarbeiter führt aus: Das funktioniert weder praktisch, wenn Mitarbeiter räumlich verteilt arbeiten, noch entspricht es den Erwartungen der gefragten Generationen Y und Z.
Für viele erfahrene Führungskräfte bedeutet dies eine Umstellung, die Arbeitgeber fördern und begleiten müssen.
Agile Arbeitsmethoden
Ein Merkmal der digitalen Welt ist, dass sich Anforderungen von heute auf morgen ändern. Um auf schnelle Änderungen reagieren zu können, haben sich agile Projektmethoden etabliert, Scrum ist sicherlich die bekannteste davon.
Solche Methoden erfordern nicht nur fachliches Wissen, sondern eine neue Denkweise und sogar Unternehmenskultur. Diesen Wandel müssen Unternehmen aktiv vorantreiben.
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Mitarbeiter qualifizieren und motivieren
Jede neue Technologie erfordert Mitarbeiter, die damit umzugehen wissen. Die Digitalisierung kann Ängste vor dem Arbeitsplatzverlust oder Gefühle der Überforderung auslösen.
Wer es nicht schafft, seine Mitarbeiter für die Welt der Arbeit 4.0 zu begeistern und zu qualifizieren, verliert wertvolles Potenzial. Interne Angebote zur Weiterbildung, zum Mentoring und die individuelle Förderung von Mitarbeitern sind ein absolutes Muss!
Hoher Bedarf an Fachpersonal
Hochqualifizierte Mitarbeiter werden vor allem im Technologiebereich händeringend gesucht, der Kampf um Fachexperten ist hoch. Personalmangel bremst das Wachstum vieler Unternehmen.
Unternehmen müssen intensives Recruiting und vorausschauende Personalplanung betreiben. Auch Outsourcing und die Zusammenarbeit mit Freelancern sind wichtige Instrumente.
Gesundheit der Mitarbeiter
Langes Sitzen und Bildschirmarbeit sind nicht förderlich für die Gesundheit. Ständige Erreichbarkeit und hoher Druck können Stress und psychische Probleme auslösen. Arbeitgeber müssen sich deshalb aktiv um die körperliche und mentale Gesundheit ihrer Mitarbeiter kümmern.
Arbeitsrechtliche Bestimmungen und Bürokratie
Freiheit und Flexibilität für Mitarbeiter mit arbeitsrechtlichen Bestimmungen zu vereinbaren, ist ein Spagat für Arbeitgeber. Technologische Entwicklungen und Trends warten nicht, bis sich der Gesetzgeber damit befasst hat.Dass Unternehmen neue Konzepte nicht oder nur langsam einführen, liegt oft schlicht daran, dass die bisherigen Verwaltungsprozesse zu wenig Spielraum lassen.
Kritik an Arbeit 4.0
Wie jede Revolution bringt die Industrie 4.0 – und damit Arbeit 4.0 – Vor- und Nachteile mit sich. Nicht jeder ist von den technischen Möglichkeiten oder der Aussicht auf individuelle Selbstverwirklichung im Job begeistert.
Drei der wesentlichen Kritikpunkte an den aktuellen Entwicklung sind folgende:
Maschinen machen menschliche Arbeit überflüssig
Jede technische Erfindung hat menschliche Arbeitskraft ersetzt, das ist kein neues Phänomen. Neu ist die Geschwindigkeit, mit der Computer und Roboter Jobs übernehmen, und zwar nicht mehr nur im niedrig qualifizierten Bereich. Computer schreiben bereits Nachrichtenmeldungen oder beraten Kunden am Telefon. Bald werden sie unsere Taxis und Lastwagen fahren.
Die Digitalisierung schafft zwar neue Jobs, die jedoch hochqualifizierte Mitarbeiter erfordern. Busfahrer und Büroangestellte werden sich nicht alle zu Datenanalysten oder Programmierern umschulen lassen. Man kann sich leicht ausmalen, dass es in einigen Jahrzehnten für einen breiten Teil der Gesellschaft keine Jobs mehr geben wird, wie wir sie heute kennen.
Unser aktuelles Wirtschafts-, Gesellschafts- und Sozialsystem ist auf dem Ziel der Vollbeschäftigung aufgebaut. Schreitet die Digitalisierung weiter wie bisher, wird ein tiefgreifender Umbau dieser Systeme nötig.
Steigende Belastung für die Mitarbeiter
Die Zahl der Krankheitstage in Behörden und Unternehmen ist zwischen 2008 und 2016 um mehr als 60 Prozent gestiegen. Das liegt zum einen an der höheren Zahl an Beschäftigten. Die Daten zeigen jedoch, dass die psychische Belastung am Arbeitsplatz stark zugenommen hat.
Arbeitnehmer fühlen sich unter Druck, immer erreichbar zu sein und auch nach Feierabend und am Wochenende zu arbeiten – weil es technisch geht. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen. Die Menge an Arbeit für den einzelnen und die Komplexität nimmt ständig zu.
Dazu kommt die permanente Angst, den Anschluss zu verlieren, nicht mit dem technologischen Wandel Schritt halten zu können und durch einen Computer oder Freelancer aus Indien ersetzt zu werden.
Kontrolle des Menschen durch Technik
Die Technik ermöglicht bereits heute eine lückenlose Kontrolle und Analyse von Mitarbeitern und ihrer Leistung. KI-Systeme bewerten per Algorithmus Lebensläufe von Bewerbern oder erkennen Mitarbeiter, die bald krank werden.
Solche Erkenntnisse können durchaus im positiven Sinne genutzt werden und zum Glück stecken die deutschen Gesetze Arbeitgebern hierbei feste Grenzen.
Doch die Erfahrung zeigt: Was technisch möglich ist, wird meist irgendwann auch genutzt. Das Missbrauchspotenzial solcher Technologien ist hoch. Viele Menschen bekommen zunehmend das Gefühl, neuen Technologien hilflos ausgeliefert zu sein.
Die Digitalisierung wird fortschreiten. Nach Arbeit 4.0 wird Arbeit 5.0 kommen. Diese Entwicklungen können wir trotz aller Kritikpunkte nicht aufhalten. Entscheidend ist, dass wir faire Rahmenbedingungen schaffen und der Mensch weiterhin im Mittelpunkt der Arbeitswelt steht.