Job Enlargement: Definition, Vor- & Nachteile, Beispiele

Job Enlargement: Kollegen erweitern ihren Aufgabenbereich

Eine Studie von Avantgarde Experts zur Arbeitszufriedenheit in Krisenzeiten aus dem Jahr 2022 macht deutlich, dass Unterforderung im Job zum sogenannten „Boreout-Syndrom“ führen kann. Ein Phänomen, bei dem der Alltag von Mitarbeitenden durch übermäßige Langeweile geprägt ist. Boreout erhöht nicht nur die Wahrscheinlichkeit einer Kündigung, sondern zieht mitunter auch ernste gesundheitliche Folgen nach sich. Erfahren Sie im Folgenden, wie Sie Job Enlargement einsetzen können, um Boreout effektiv vorzubeugen.

Key Facts

  • Der Begriff „Job Enlargement“ steht für eine horizontale Erweiterung des Aufgabenbereichs einzelner Mitarbeiter:innen.

  • Die Umsetzung von Job Enlargement kommt in der Regel ohne Fort- und Weiterbildung aus – im Gegensatz zum Job Enrichment.

  • Ein fundamentaler Vorteil, der aus einer horizontalen Aufgabenerweiterung resultiert, besteht darin, Monotonie und Langeweile im Keim zu ersticken.

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Job Enlargement: Definition

Die Strategie von Job Enlargement besteht darin, durch Arbeitserweiterung eine neue Arbeitsstrukturierung einzuführen. Den Mitarbeitenden fallen neue Aufgaben zu – jedoch auf gleichbleibendem Anforderungsniveau.

Job Enlargement umfasst also eine quantitative und inhaltliche Erweiterung des Aufgabenspektrums einzelner Mitarbeiter:innen. Das große Ziel hinter dieser Maßnahme besteht darin, Monotonie zu bekämpfen, Über- und Unterforderung abzubauen und die (intrinsische) Motivation zu fördern.

Neben dem Job Enlargement gehören zu einer ganzheitlichen Personalentwicklung auch das Job Enrichment und die Job Rotation

Vor- und Nachteile von Job Enlargement

Ob sich Job Enlargement für Ihr Unternehmen anbietet, lässt sich am besten evaluieren, indem Sie mögliche Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen: 

Job Enlargement: Vorteile

Die Erweiterung des Aufgabengebietes auf dem gleichen Anforderungsniveau kann Schwung in festgefahrene Strukturen und Abläufe bringen. Von folgenden Vorteilen des Job Enlargements profitiert Ihr Unternehmen potenziell:

  • Steigerung der Mitarbeitermotivation und -bindung: Durch abwechslungsreichere Tätigkeiten fühlen sich Mitarbeiter:innen ihren Fähigkeiten entsprechend gefördert und wertgeschätzt. Dies beugt einerseits Unterforderung vor und stärkt gleichermaßen den Arbeitswillen sowie die Bindung ans Unternehmen. 

  • Prozesstransparenz: Mitarbeiter:innen erhalten einen erweiterten Einblick hinsichtlich der unternehmensinternen Abläufe. 

  • Erhöhung der Arbeitsproduktivität: Durch Job Enlargement sind Mitarbeiter:innen weitreichender – mitunter über die Teamgrenzen hinaus – vernetzt. Dies führt im Idealfall zu einer verbesserten Zusammenarbeit und beschleunigten Abläufen. 

  • Abfangen von Personalmangel: Erweitern Mitarbeiter:innen ihre Kenntnisse, sind sie flexibler einsetzbar. In der Folge sinkt der interne Abstimmungsbedarf und auch kurzfristig auftretende Lücken werden schneller geschlossen. 

  • Employer Branding: Job Enlargement wird von den Mitarbeiter:innen als Karriereinstrument wahrgenommen.

Job Enlargement: Nachteile

Auch wenn Job Enlargement auf den ersten Blick als ideale Förderungsmaßnahme für sämtliche Szenarien erscheint, stellt es keine Allzwecklösung dar. Denn: 

  • Aufgabenbereiche verschwimmen: Maßnahmen, die Langeweile und Unterforderung abbauen sollen, können auch direkt ins andere Extrem umschlagen. Haben Mitarbeiter:innen zu vielen Aufgaben gleichzeitig zu entsprechen, birgt das ein hohes Überforderungsrisiko. 

  • Kompetenzen „verwaschen“: Eine hohe Fachkompetenz bildet sich in der Regel, wenn man sich über einen langen Zeitraum hinweg kontinuierlich mit ausgewählten Aspekten beschäftigt. Durch eine Erweiterung des Aufgabenbereichs rückt die fachliche Spezialisierung in den Hintergrund. Darunter leidet mitunter auch die Qualität der geleisteten Arbeit. 

  • Ausbildungskosten steigen: Mehrere Mitarbeiter:innen in mehreren Aufgabenfeldern zu schulen, erweist sich häufig als zeit- und kostenintensiv. Zwar kann oftmals eine gegenseitige Einarbeitung erfolgen, doch auch diese schmälert kurzfristig die Produktivität der betroffenen Mitarbeiter:innen. 

  • Der finanzielle „Ausgleich“ bleibt aus: Die Erweiterung des Aufgabenbereichs ohne eine entsprechende Gehaltserhöhung kann von Mitarbeiter:innen als unfair empfunden werden.

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Routinekiller Job Enlargement

Sie wissen es selbst: Im Job gibt es kaum ein größeres Problem als Langeweile. Doch ganz ohne Routine geht es im Arbeitsalltag einfach nicht. Denn eines steht fest: Bestünde der Joballtag ausschließlich aus aufregenden Herausforderungen, pushte man sich ständig ans Limit. Mit drastischen Folgen für die Gesundheit und die Lebensqualität – aber auch für den Job. Pilot:innen, die Start und Landung als Herausforderung betrachten? Mediziner:innen, für die das Operieren eine Herausforderung darstellt? Keine wirklich angenehme Vorstellung, oder? Gewisse Routinen sollten also auch durch Job Enlargement nicht aufgebrochen werden.

Eine Balance zwischen Herausforderung und Routine

Routine mutiert oftmals schleichend zu Langeweile. Macht ein:e Mitarbeiter:in der Fertigungsabteilung eines Unternehmens über Monate hinweg nichts anderes, als wieder und wieder das gleiche Bauteil zusammenzusetzen, kann das die Arbeitsmotivation auf lange Sicht enorm beeinträchtigen.

In diesen und ähnlichen Fällen schafft Job Enlargement schnell und einfach Abhilfe. Sorgen Sie dafür, dass betroffene Arbeitnehmer:innen neue Elemente, Aufgaben oder Module in ihren Arbeitsbereich integrieren. Gerade in mittelständischen Unternehmen führt diese horizontale Erweiterung des Tätigkeitsspektrums in diversen Sektoren zum Erfolg.

Wie sieht das Job Enlargement nun konkret aus?

Im oben genannten Beispiel könnte der/die Fertigungsmitarbeiter:in neben dem bisherigen Produktionsschritt weitere übernehmen oder sogar gleich das komplette Bauteil fertigstellen. Mit sichtbarem Erfolg!

Personalentwicklung geht also nicht zwingend mit Beförderungen oder internen Jobwechseln einher. Durch ein strategisches Job Enlargement gelingt es häufig, der motivationsgefährdenden Langeweile im Arbeitsleben Ihrer Mitarbeiter:innen den Kampf anzusagen. Da die neu zugeteilten Aufgaben im Rahmen der Kompetenzen und Qualifikationen der betroffenen Mitarbeiter:innen liegen, ist zudem die Wahrscheinlichkeit für eine daraus resultierende Überforderung gering. Job Enlargement stellt somit als verhältnismäßig unspektakuläre Maßnahme einen echten Erfolgstreiber dar – und kommt in der Regel ohne Fort- und Weiterbildungen aus. 

Lesetipp: Das hat es mit der Arbeitsbereitschaft auf sich!

Job Enlargement: Beispiele

Job Enlargement ist bei der Umsetzung an keine festen Vorgaben geknüpft. Abhängig von Mitarbeiter:in und Fachbereich kann die Erweiterung des Aufgabenbereichs individuell vollzogen werden.

Beispiel 1:

Ein:e Salesmitarbeiter:in hat bisher souverän die gesamte Geschäftskundschaft in München betreut, regelmäßiger Kundenkontakt inbegriffen. Nun erweitert man seinen/ihren Zuständigkeitsbereich und überträgt ihm/ihr die Verantwortung für die Pflege der Kundendatenbank im betreffenden Salesabschnitt. Eine wachsende Motivation ist sicher.

Beispiel 2:

Die Hauptaufgaben eines/einer Hotelangestellten bestehen darin, das Frühstücksbuffet auf- sowie abzubauen und den Gästen während des Frühstücks auf Bestellung Heißgetränke zuzubereiten. Im Rahmen einer horizontalen Joberweiterung liegt es nahe, dem/der Mitarbeitenden auch die Dokumentation der Nahrungsmittelbestände und das Durchführen entsprechender Nachbestellungen aufzutragen. 

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Job Enlargement vs. Job Enrichment

Während im Rahmen von Job Enlargement nur solche Aufgaben hinzukommen, die dem bisherigen Anforderungsniveau entsprechen, steigt beim Job Enrichment der (qualitative) Anspruch an die Mitarbeiter:innen. Die Aufgabenerweiterung erfolgt demnach vertikal – unterstützt durch Fördermaßnahmen wie Fort- oder Weiterbildungen. Job Enrichment geht zudem häufig mit einer Beförderung einher. 

Worauf Sie achten sollten!

Um Überlastung am Arbeitsplatz und Überforderung von Mitarbeitenden vorzubeugen, gilt es, das fachliche und persönliche Profil der einzelnen Mitarbeiter:innen vorab zu analysieren. Zudem sollte die Einarbeitungsphase gezielt durch Führungskräfte betreut und überwacht werden. Nach erfolgreicher Einarbeitung sollte der/die Mitarbeiter:in und sein/ihr Aufgabengebiet eine funktionierende Einheit darstellen. Wenn im Laufe der Zeit routinebedingt das ursprüngliche Aufgabenfeld immer weniger Ansporn bereithält, bietet es sich an, über eine Ausweitung desselben nachzudenken.

Ein Job Enlargement wird durchgeführt/eingeleitet, aber die Mitarbeiter:innen empfinden die Ausdehnung ihrer Aufgabenbereiche als unfair, weil das Gehalt nicht steigt – was tun? Klären Sie die Mitarbeiter:innen vor Beginn der Maßnahme über deren Sinn und Zweck auf. Kommunizieren Sie klar, dass das Job Enlargement nicht dazu dient, Arbeitsplätze wegzurationalisieren. Sorgen Sie darüber hinaus dafür, dass nicht nur ein quantitativer Zuwachs, sondern auch eine inhaltliche Erweiterung des Aufgabenbereichs stattfindet. Beziehen Sie dabei den Rat der verantwortlichen Führungskräfte ein.

Sie als HRler:innen sollten insbesondere während der durchgeführten Maßnahmen zum Job Enlargement immer ein offenes Ohr für eventuell aufkeimende Problemsituationen haben.

  • Richten Sie eine Sprechstunde für betroffene Mitarbeiter:innen ein.

  • Holen Sie sich – auch über die Vorgesetzten – regelmäßig Feedback über den Stand der Umsetzung ein.

  • Steuern Sie im Fall von Problemen gegen und scheuen Sie sich nicht, bei der Zuordnung von Aufgaben eine Feinjustierung an den Stellschrauben vorzunehmen.

Denn abschließend sei gesagt: Die Bekämpfung von Routine und Langeweile durch Job Enlargement fällt in den meisten Fällen auf fruchtbaren Boden.

FAQ

Was ist ein Beispiel für Job Enlargement?

Ein:e Marketingmitarbeiter:in ist bislang ausschließlich für das Posting von Storys auf Instagram zuständig. Nun bekommt er/sie zusätzlich die Aufgabe, Storyposts für Facebook zu erstellen. 

Warum Job Enlargement?

Job Enlargement beugt der Eintönigkeit einer schleichenden Routine vor. In der Folge fühlen sich Mitarbeiter:innen ihren Fähigkeiten entsprechend gefördert und gefordert. Davon profitiert die Arbeitsmotivation. 

Warum Job Enrichment?

Job Enrichment geht in der Regel mit Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen einher. Unternehmen profitieren dementsprechend von höherqualifizierten Mitarbeiter:innen.

Ist Job Enlargement sinnvoll?

Eine horizontale Erweiterung des Aufgabenbereichs geht mit vielen Vorteilen einher. Es bietet sich für all diejenigen Unternehmen an, die ihren Angestellten – unabhängig von Fort- und Weiterbildungen – eine vielfältige und damit abwechslungsreiche Arbeitserfahrung bieten wollen.

Disclaimer

HR-Studie: Der große Wertewandel

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