Neueste Beiträge
17. März 2022
Großer Wertewandel: Warum Angestellte wechseln wollen – und wie HR sie halten kann
Die schlechte Nachricht zuerst: 46 % der Beschäftigten in kleinen und mittelständischen Unternehmen in Europa wollen sich in den nächsten 12 Monaten nach einem neuen Job umsehen. Klingt dramatisch – und es zeigt deutlich: Etwas hat sich geändert auf dem Arbeitsmarkt. Etwas ganz Entscheidendes.
Wo wir auch schon bei der guten Nachricht wären. Um herauszufinden, warum immer mehr Mitarbeitende über Kündigungen nachdenken und welche Faktoren sie zugleich bei einem Unternehmen halten würden, hat das Marktforschungsinstitut Opinium für Personio eine europaweite* Studie durchgeführt. Dabei haben wir einige folgenschwere Erkenntnisse zutage gefördert – und ebenso viele Lösungsansätze ausgemacht. Lesen Sie selbst!
Arbeitnehmer:innen sind auf dem Sprung – aber warum?
Insgesamt 90 % der Personalverantwortlichen in europäischen KMU berichten, dass ihr Unternehmen unter Fachkräftemangel, Einstellungsproblemen oder mangelnder Personalbindung leidet.
Warum? In den letzten zwei Pandemiejahren haben Arbeitnehmer:innen ihre beruflichen und persönlichen Werte neu sortiert:
71 % wollen mehr Zeit für die Familie
71 % wollen mehr Work-Life-Balance
68 % möchten mehr Gehalt
Gleichzeitig waren offenbar viele Unternehmen nicht in der Lage, diesen neuen Bedürfnissen gerecht zu werden. HR-Experte und "Persoblogger" Stefan Scheller diagnostiziert bei Angestellten in Deutschland eine “nie dagewesene Unzufriedenheit”, die als Treiber einer erhöhten Wechselbereitschaft stehen könnte.
Übrigens: Die Führungsebene scheint das Ausmaß der zugespitzten Situation auf dem Arbeitsmarkt zu verkennen – das zumindest bekunden 48 % der befragten HR-Verantwortlichen.
Das sind aktuell die wichtigsten Kündigungsgründe
Remote, hybrid, flexibel – das Arbeiten während der Pandemie ist herausfordernder denn je. 32 % der Befragten sehen ein zu stressiges Arbeitsumfeld als Kündigungsgrund. Doch auch zu wenig Lob und schlechte Entwicklungschancen lassen Mitarbeitende mit einem Jobwechsel liebäugeln.
31 % der Mitarbeitenden würden wegen mangelnder Wertschätzung ihrer Arbeit kündigen.
30 % sehen fehlende Aufstiegsmöglichkeiten als Kündigungsgrund.
Die stagnierende Karriereentwicklung scheint dabei ein besonders wunder Punkt zu sein. 37 % der Angestellten sagen, die Pandemie habe ihre Karriere beeinträchtigt. 35 % sind der Meinung, sie hätten eine ihnen zustehende Beförderung verpasst. Autsch!
Was heißt das also?
“Personalverantwortliche müssen dafür sorgen, dass Beschäftigte bei allen remoten oder die Möglichkeit haben, sich zu entfalten und beruflich weiterzukommen”, sagt Perry Timms, Chief Energy Officer, People and Transformational HR Ltd.
Das ist besonders wichtig, zumal die Wechselbereitschaft unter Remote-Mitarbeiter:innen besonders groß ist (53 %). Grund dafür könnte sein, dass Remote-Arbeitnehmer:innen weniger loyal in Bezug auf ihren Arbeitgeber sind.
Warum Mitarbeitende bleiben? Geld ist jedenfalls nicht alles.
Zugegeben, eine Gehaltserhöhung ist für über die Hälfte der Mitarbeitenden (54 %) ein guter Grund, um bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber zu bleiben. Doch auch das Thema Wertschätzung ist ganz weit vorn (35 %), ebenso wie eine gute Work-Life-Balance und Zusatzleistungen (30 %). Unsere Studie zeigt, dass ganze 96 % der HR Teams Maßnahmen für Mitarbeiterbindung einsetzen. Doch damit diese fruchten, müssen die Prioritäten von Mitarbeiter:innen, mögliche Kündigungsgründe sowie die Faktoren, die Team-Mitglieder halten würden, ganzheitlich betrachtet werden.
Was heißt das also?
Unser Chief People Officer, Ross Seychell trifft es ziemlich auf den Punkt: “Erstklassige Leistungsbeurteilungen und Mitarbeitergespräche sind entscheidend. Sie zeigen persönliche Pull- und Push-Faktoren von Mitarbeiter:innen auf und helfen, Überlastung oder Frustration rechtzeitig auszumachen, Wertschätzung zu geben und passende Aufstiegsmöglichkeiten zu gewährleisten.”
Leistungsmanagement nach der Pandemie neu denken
Ein gutes Leistungsmanagement hilft Mitarbeitenden, beruflich voranzukommen, wertschätzendes Feedback einzuholen und eigene Potenziale zu entfalten.
Doch: Nur 51 % der Arbeitnehmer:innen sagen, dass Mitarbeiterbeurteilungen in ihrer Organisation fair sind. Zudem hat die Studie gezeigt, dass Vorgesetzte seit der Pandemie nicht regelmäßig genug Feedback gegeben haben.
Was heißt das also?
HR Teams müssen den Prozess für die Leistungsbeurteilung fair, regelmäßig und zur neuen Arbeitswelt passend gestalten. Besonders, wenn Arbeitnehmer:innen remote arbeiten und so stärker von ihrem Arbeitsplatz abgekoppelt sind.
HR Teams werden zum Schlüssel für den Business-Erfolg
Um nachhaltig wachsen zu können, müssen KMU nun alle Hebel in Bewegung setzen, um bestehende Talente im Unternehmen zu halten und die besten Bewerber:innen einzustellen. Dreh- und Angelpunkt dafür sind HR-Abteilungen, die nun die nachhaltige Talentgewinnung und -bindung priorisieren müssen.
Aktuell fehlen dafür zwei Dinge: Jeder sechste Befragte in der HR (18 %) hat keine Zeit oder nicht nötigen Personalressourcen, um strategische Aufgaben voranzutreiben.
Was heißt das also?
Um Unternehmen auf strategischer Ebene unterstützen zu können, braucht HR die richtigen Tools – Tools, die ihnen Routineaufgaben abnehmen und reibungsloses Arbeiten ermöglichen.
Sagen wir es einfach mal in den Worten von Ross Seychell: “HR Teams müssen von Verwaltungsaufgaben entlastet werden und Zugriff auf aussagekräftige, solide Personaldaten erhalten, die strategische Entscheidungen stützen – sonst riskieren Unternehmen ihren Erfolg.”
*Studienländer: Deutschland, Großbritannien/Irland, Spanien, Niederlande, Italien und Schweden.