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Konfliktmanagement: Konflikte am Arbeitsplatz konstruktiv lösen
Wo es Menschen gibt, gibt es Konflikte: Sie gehören zum Arbeitsalltag. Gefährlich werden sie dann, wenn sie nicht gelöst werden und eskalieren. Demotivierte Mitarbeiter und Misstrauen bis hin zu großen finanziellen Schäden können die Folge sein. Durch gutes Konfliktmanagement beugen Unternehmen dem vor. Was heißt das? Welche Arten von Konflikten gibt es, wie lassen sie sich erkennen und bewältigen? Dieser Überblick über das Thema Konfliktmanagement erklärt alle Details.
Definition: Was ist Konfliktmanagement?
Betriebliches Konfliktmanagement schließt alle Maßnahmen ein, um Konflikte innerhalb eines Unternehmens zu vermeiden oder zu lösen. Ziel ist, einen Interessenausgleich zwischen den Konfliktparteien herbeizuführen und einen Kompromiss zu finden, den beide Seiten akzeptieren können. So soll verhindert werden, dass sich Konflikte ausbreiten und eskalieren und die Zusammenarbeit nachhaltig beeinträchtigen.
Konfliktmanagement im Unternehmen ist vor allem eine Aufgabe der Führungskräfte. Sie müssen Konflikte in ihren Abteilungen und Teams möglichst früh erkennen und behandeln. HR sollte Führungskräfte bei dieser Aufgabe schulen und eine Unternehmenskultur fördern, in der Konflikte konstruktiv ausgetragen und gelöst werden können.
Was ist ein Konflikt?
Laut Wikipedia spricht man von einem Konflikt, wenn „Interessen, Zielsetzungen oder Wertvorstellungen von Personen, gesellschaftlichen Gruppen, [oder] Organisationen […] miteinander unvereinbar sind oder unvereinbar erscheinen […] und diese Konfliktparteien aufeinandertreffen (ohne „Berührung" wären es lediglich eine Meinungsverschiedenheit oder unterschiedliche Standpunkte)”.
Einfache Konflikte, z. B. unterschiedliche Meinungen in Sachfragen, lassen sich in einer Diskussion klären. Schwieriger wird es, wenn Emotionen im Spiel sind, und die Parteien gegensätzlich Wertvorstellungen haben oder unterschiedliche Ziele verfolgen. In einem Unternehmen müssen Abteilungen und Personen zusammenarbeiten oder sind voneinander abhängig. Wenn sie Interessen haben, die sich schwer miteinander vereinbaren lassen, sind Konflikte vorprogrammiert.
Typische Konflikte am Arbeitsplatz
Konflikte in Unternehmen können entstehen zwischen Mitarbeitern gleicher Ebene (Kollegen), zwischen Führungskräften und Mitarbeitern oder zwischen ganzen Teams, Abteilungen und Bereichen.Im Konfliktmanagement unterscheidet man eine Reihe von Konfliktarten. In der Realität sind die Ursachen für Konflikte vielfältig und schwer nachzuvollziehen; meist spielen mehrere Aspekte eine Rolle.
Sachkonflikte
Sachkonflikte resultieren aus unterschiedlichen Auffassungen in Sachfragen: zum Beispiel über die beste Methode, um eine Aufgabe zu erledigen, oder welche Funktion als Nächstes in ein Produkt eingebaut wird. Solche Konflikte gehören zum Geschäftsalltag – solange sie nicht von anderen Faktoren überlagert werden, sind sie recht einfach zu lösen.
Beziehungskonflikte
Wenn Menschen „nicht miteinander können”, wenn das zwischenmenschliche Verhältnis gestört ist, spricht man von Beziehungskonflikten. Sie können aus negativen Erlebnissen oder aus Vorurteilen entstehen. Oftmals gibt es keinen konkreten Anlass dafür – die Beteiligten finden sich nicht sympathisch oder stören sich an Charaktermerkmalen des anderen. Viele Beziehungskonflikte sind nur Ausdruck anderer, unterbewusster Konflikte.
Kommunikationskonflikte
„Verstehen ist der – unwahrscheinliche – Ausnahmefall und Missverstehen ist die Regel.“ sagt der Hirnforscher Gerhard Roth. In der täglichen Kommunikation entstehen zwangsläufig Missverständnisse. Werden sie nicht aufgeklärt und ziehen die Parteien falsche Schlüsse, können daraus Kommunikationskonflikte entstehen.
Verteilungskonflikte, Ressourcenkonflikte
Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden – Konflikte entstehen, wenn Mitarbeiter oder Abteilungen um Ressourcen konkurrieren. In anderen Fällen empfinden Mitarbeiter die Verteilung der Ressourcen persönlich als ungerecht, zum Beispiel wenn der Kollege einen teureren Firmenwagen fährt oder ein höheres Gehalt bekommt.
Zielkonflikte
Die Entwicklungsabteilung soll Geld einsparen, der Vertrieb muss seine Umsatzziele erfüllen und fordert mehr Tempo in der Entwicklung: Ziele, die schwer miteinander vereinbar sind, gehören zu den häufigsten Ursachen von Konflikten in Unternehmen.
Wertekonflikte
Konflikte zwischen Mitarbeitern treten aufgrund unterschiedlicher Werte und Moralvorstellungen auf: zum Beispiel könnte ein Streit darüber ausbrechen, ob Schwächen des eigenen Produkts im Verkaufsprozess verschwiegen werden sollen, um keine Kunden zu verlieren. Führungskräfte mögen sich darüber uneinig sein, wie sehr Mitarbeiter kontrolliert oder unter Druck gesetzt werden sollen.
Machtkonflikte
Zu Machtkonflikten kommt es beispielsweise, wenn sich zwei Mitarbeiter um einen frei gewordenen Posten des Team-Leiters bewerben. Abteilungen rivalisieren um größeren Einfluss beim Management oder darum, wer mehr Verantwortung erhält.
Warum ist Konfliktmanagement so wichtig?
Je länger Konflikte ungelöst bleiben, desto stärker eskalieren sie. Sie können lange unbemerkt bleiben – man spricht von latenten Konflikten –, bis sie irgendwann ausbrechen und sich die Konfliktparteien offen bekämpfen. Je früher Führungskräfte Konflikte erkennen und Maßnahmen des Konfliktmanagements ergreifen, desto geringer ist der Schaden für das Unternehmen.
Der Konfliktforscher Friedrich Glasl beschreibt die Eskalation eines Konflikts in neun Stufen, aufgeteilt in drei Hauptphasen:
In der ersten Phase lassen sich gelegentliche Spannungen bis hin zu hitzigen Debatten beobachten, in denen sich die Parteien gegenseitig unter Druck setzen. In diese Phase können Konflikte noch konstruktiv gelöst werden, sogar mit positiven Ergebnissen.
In der zweiten Phase der Eskalation geht es nicht mehr um die Sache allein, sondern darum, den Konflikt zu gewinnen. Man setzt Drohungen, Sanktionen und „Machtspiele” ein. Aus einem solchen Konflikt wird mindestens eine Seite als Verlierer hervorgehen – der Schaden kann nur noch begrenzt werden. Arbeitsklima und Vertrauensverhältnis werden auf längere Zeit gestört sein, mit spürbaren Auswirkungen auf die Produktivität der Mitarbeiter.
In der dritten und letzten Phase wollen alle Seiten einander nur noch schaden. Sie riskieren dafür sogar den eigenen Untergang – und den des ganzen Unternehmens.
Kosten eines Konflikts
Konflikte zwischen Mitarbeitern oder in Gruppen kosten Unternehmen Geld. Die Mitarbeiter sind abgelenkt, mit sich selbst beschäftigt, demotiviert – oder sie sabotieren die eigene Arbeit und die der anderen bewusst. Die Ergebnisse werden schlechter, die Fluktuation steigt.
Wenn Mitarbeiter gekündigt und neue eingestellt werden müssen, fallen tatsächliche Personalkosten an. Zu den indirekten Kosten zählen entgangene Geschäfte oder unzufriedene Kunden, die zum Wettbewerber abgewandert sind. Folgen wie ein Klima des Misstrauens oder ein ramponiertes Image können ein Unternehmen über Jahre belasten – die Kosten dafür lassen sich nur ansatzweise schätzen.
In dem Artikel „Konflikte kosten Unternehmen Geld – aber wie viel?“ (Zeitschrift “Spektrum der Mediation” 23/06) rechnet Dr. Detlev Berning vor, welche Auswirkungen Konflikte auf das Betriebsergebnis haben können. Am Fallbeispiel eines mittelständischen IT-Unternehmens zeigt er: Die finanziellen Einbußen können leicht in die Hunderttausende und Millionen gehen.
Woran lassen sich Konflikte erkennen?
Wie können Führungskräfte Konflikte früh erkennen und darauf reagieren, bevor offene Kämpfe ausbrechen? Indem sie auf Warnzeichen achten, wie:
Mitarbeiter reden nicht mehr miteinander.
Mitarbeiter äußern sich negativ und herablassend übereinander.
Mitarbeiter zeigen in ihrer Mimik und ihrer Körpersprache Ablehnung.
Mitarbeiter missachten bewusst Entscheidungen oder Arbeitsanweisungen.
Mitarbeiter reagieren aggressiv; beim kleinsten Anlass gibt es Streit.
Wenn Ergebnisse ohne erkennbaren Grund deutlich nachlassen, kann dies ebenfalls ein Hinweis auf einen Konflikt im Team sein. Führungskräfte sollten aufmerksam die zwischenmenschlichen Beziehungen der Mitarbeiter beobachten. Durch Training und Coaching kann ihnen geholfen werden, bessere „Antennen” für solche Aspekte zu entwickeln.
Modelle und Methoden im Konfliktmanagement
Konflikte können grundsätzlich nur durch Kommunikation gelöst werden: durch Gespräche zwischen und mit allen Beteiligten. Alle Seiten müssen an der Lösung mitarbeiten. Wird die Lösung nur von außen verordnet, kann der Konflikt höchstens unterdrückt oder kurzzeitig aufgeschoben werden. Einige Modelle und Methoden des Konfliktmanagements helfen dabei, Konflikte zwischen einzelnen Mitarbeitern oder Gruppen zu lösen.
KULT-Modell
Das Akronym KULT beschreibt vier grundlegende Phasen im Prozess der Konfliktbewältigung:
K – KlärungZunächst muss die Situation analysiert werden: Worum geht es grundsätzlich in dem Konflikt? Welche Konfliktparteien gibt es und welche Positionen haben sie?
U – UrsachenAls Nächstes muss Ursachenforschung betrieben werden, zum Beispiel durch Gespräche und Diskussionen und durch Recherche. Diese Phase ist wichtig, damit nicht nur oberflächliche Symptome behandelt werden, obwohl der eigentliche Konflikt viel tiefer liegt.
L – LösungDanach sammeln die Konfliktparteien Lösungsansätze, bewerten sie und arbeiten sie weiter aus. Am Ende sollte ein konkreter Plan stehen, welche Schritte von wem unternommen werden sollen.
T – TransferNach der Entscheidung über die Lösung ist der Konfliktmanagement-Prozess noch nicht zu Ende. Erst wenn alle Schritte umgesetzt wurden – wenn der Transfer in die Praxis gelingt –, gilt der Konflikt als gelöst.
Harvard-Methode
Die Harvard-Methode des sachbezogenen Verhandelns nennt vier Prinzipien, die helfen, gute Konfliktlösungen zu finden und Win-win-Situationen zu schaffen:
Sachfragen und Beziehungsfragen dürfen nicht vermischt werden: Es geht immer um das Problem, nicht persönlich um die beteiligten Menschen.
Es geht nicht um die oberflächlichen Positionen der Parteien – diese sind oftmals nur vorgeschoben. Konfliktmanagement muss die tieferliegenden Interessen oder Bedürfnisse der Beteiligten in Einklang bringen.
Es gibt nicht die eine, wahre Lösung. Wenn beide Seiten offen sind, können oft Alternativen oder Kompromisse gefunden werden, die beiden Seiten gerecht werden.
Die Bewertung der Lösungsoptionen und die endgültige Entscheidung müssen auf Basis objektiver Kriterien getroffen werden, die von allen akzeptiert werden.
Konfliktgespräche
Einfach Konflikte können in einem Gespräch gelöst werden, zwischen den Beteiligten oder in Anwesenheit einer Führungskraft, die nicht in den Konflikt verwickelt ist. Beide Seiten sollten sachlich bleiben, nicht verallgemeinern oder persönliche Vorwürfe machen. Führungskräfte sollten nicht von vornherein Partei ergreifen, sondern zuerst versuchen, zu vermitteln.
Mediation
In einer Mediation wird die Konfliktlösung durch eine dritte, unabhängige Partei begleitet – durch den Mediator. Der Konflikt soll in strukturierten, moderierten Gesprächen beigelegt werden. Alle Parteien müssen daran freiwillig teilnehmen und sind allein dafür verantwortlich, Lösungen zu finden und zu vereinbaren.
Der Mediator kann Anstöße geben, trifft jedoch keine Entscheidungen oder drängt die Konfliktparteien in eine bestimmte Richtung. Er sorgt vielmehr dafür, dass die Gespräche konstruktiv und strukturiert durchgeführt werden und sich alle an die Regeln halten. Der Mediator kann eine Führungskraft oder ein Mitglied des Betriebsrats sein. Wenn nötig, kann ein externer Mediator hinzugezogen werden.
Mediatoren sollten über eine entsprechende Ausbildung verfügen und zum Beispiel psychologische Prinzipien verstehen und anwenden können.
Supervision
Supervision geht einen Schritt weiter. Der Supervisor ist nicht nur Moderator. Er arbeitet aktiv im Prozess mit, berät die Konfliktparteien und hilft ihnen, die Konfliktursachen zu beseitigen. Diese Methode kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn es strukturelle Konflikte im Unternehmen gibt, zum Beispiel durch gegensätzliche Ziele verschiedener Abteilungen. Über psychologisches Wissen hinaus benötigen Supervisoren Fachkenntnisse, zum Beispiel über die Prozesse und Organisationsstrukturen im Unternehmen.
Rollenspiele, Übungen
Durch verschiedene Übungen und Rollenspiele kann den Beteiligten geholfen werden, den Konflikt zu analysieren und sich der eigenen Rolle darin bewusst zu werden. Eine Methode ist der Perspektivwechsel: Jede Seite spielt in einer Diskussion jeweils die Rolle der anderen Seite, vertritt deren Meinung und bringt deren Argumente vor. Diese Übungen hilft, die Perspektive des Konfliktgegners einzunehmen und besser zu verstehen, worum es ihm geht.
Hier finden Sie eine Liste mit weiteren Übungen, die bei der Konfliktbewältigung im Team helfen.
Konfliktprävention
Kleinere und größere Konflikte am Arbeitsplatz sind ganz normal. Wichtig ist, dass Konflikte schnell erkannt und gelöst werden, bevor sie sich ausbreiten und verhärten. Wie bereits erwähnt, müssen Führungskräfte dafür geschult sein.
Eine offene, wertschätzende Unternehmenskultur und gute Kommunikation sind die besten Mittel zur Konfliktprävention. Führungskräfte und Mitarbeiter sollten ehrlich ihre Meinung sagen dürfen. Wenn alle miteinander im Gespräch sind, können Meinungsverschiedenheiten schnell beigelegt und Missverständnisse aufgeklärt werden.
Zusammenhalt und Vertrauen helfen bei der Lösung von tieferen Konflikten. Alle Beteiligten haben dann das Ziel, ein Problem sachlich zu lösen und den Teamgeist zu bewahren. Um zwischenmenschliche Konflikte besser behandeln zu können, können Unternehmen Mitarbeiter zu Konfliktberatern oder Coaches ausbilden – dafür gibt es zertifizierte Lehrgänge. Die Berater stehen Mitarbeitern als Ansprechpartner zur Verfügung und vermitteln als Mediatoren in Konfliktsituationen.
Ergebnisse eines Konfliktmanagements
Was kann das Ergebnis eines Konfliktgesprächs sein beziehungsweise das Ergebnis eines längeren Prozesses zur Konfliktbewältigung?
Vermeidung
Die Parteien können zu dem Schluss kommen, dass sie einen Konflikt nicht lösen können oder dass der Konflikt nicht wichtig genug ist, um große Energie für die Lösung aufzubringen. Sie sind sich jedoch einig, den Konflikt nicht eskalieren zu lassen. Eine Lösung könnte sein, dass sich Mitarbeiter in Zukunft einfach aus dem Weg gehen oder das Streitthema in Gesprächen vermeiden.
Anpassung
Eine oder beide Seiten stimmen zu, ihr Verhalten in Zukunft zu ändern, zum Wohle einer guten Zusammenarbeit – auch wenn der Konflikt in der Sache weiterbesteht.
Konkurrenz
Eine der Konfliktparteien bekommt Recht, die andere muss nachgeben. Zu dieser Lösung wird oft bei wichtigen Angelegenheiten gegriffen, zum Beispiel wenn die Geschäftsleitung beschließt, dass die Interessen einer Abteilung gegenüber einer anderen Priorität haben, damit die Unternehmensziele erreicht werden können.
Kompromiss und Kooperation
Die beste aller Lösungen ist, wenn ein Kompromiss für beide Seiten gefunden wird. Alle Beteiligten erkennen die Vorteile darin, wenn sie kooperieren und gemeinsame Interessen über die eigenen stellen.
Positive Auswirkungen von Konflikten
Wenn Konflikte am Arbeitsplatz frühzeitig erkannt und konstruktiv behandelt werden, wirken sie sich durchaus positiv auf ein Unternehmen aus. Konflikte zeigen, wo Veränderungsbedarf besteht und erhöhen den Druck auf die Beteiligten, zu handeln. Sie zwingen, sich im Konfliktmanagement mit möglichen Lösungen auseinanderzusetzen. Dabei werden oft neue, kreative Ansätze gefunden – die Zusammenarbeit kann optimiert werden und funktioniert nun besser als vor dem Konflikt.
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