Wiedereingliederung nach Krankheit: Alle Infos & Checkliste

Wiedereingliederung Stufenplan Beispiel

Während der letzten Jahre hat der Krankenstand in Deutschland zugenommen. Laut Statistischem Bundesamt fehlten Arbeitnehmer:innen 2022 im Schnitt 15 Tage. Besonders lange Fehlzeiten gehen dabei unter anderem auf psychische Erkrankungen zurück (BKK Gesundheitsreport 2023). Nach einer längeren Abwesenheit erweist sich die Rückkehr für betroffene Mitarbeiter:innen mitunter als Herausforderung. Und genau hier kann eine „Wiedereingliederung“ Abhilfe schaffen. Im Folgenden lesen Sie, wie diese erfolgreich vonstattengeht und was Arbeitgeber und Personalverantwortliche bei der Umsetzung zu beachten haben.

Key Facts

  • Die Wiedereingliederung dient dazu, Mitarbeitenden, die dem Arbeitsplatz krankheitsbedingt über einen längeren Zeitraum hinweg ferngeblieben sind, zu einem erfolgreichen Wiedereinstieg zu verhelfen.

  • Bei der Wiedereingliederung unterscheidet man grundsätzlich zwischen zwei Modellen: dem „Hamburger Modell“ und dem „betrieblichen Eingliederungsmanagement“.

  • Während das Hamburger Modell für Arbeitgeber und Arbeitnehmende freiwillig ist, greift das betriebliche Eingliederungsmanagement automatisch, sobald Arbeitnehmer:innen länger als sechs Wochen fehlen.

Checkliste: So gelingt eine sanfte Wiedereingliederung.

Wiedereingliederung: Definition

Die Wiedereingliederung zielt darauf ab, Arbeitnehmer:innen nach längerer Krankheit eine erfolgreiche Eingliederung am Arbeitsplatz zu ermöglichen. Man unterscheidet dabei zwischen „Hamburger Modell“ und „betrieblichem Eingliederungsmanagement“ (BEM).

Wiedereingliederung: Rechte und Pflichten

Die Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell erfolgt als stufenweiser Prozess, von dem potenziell sowohl Arbeitnehmende als auch Arbeitgeber profitieren. 

Ablauf einer Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell

Die Wiedereingliederung läuft auf freiwilliger Basis ab. Nur wenn Mitarbeiter:innen, Unternehmensleitung und Krankenkasse zustimmen und sich auf den Wiedereingliederungsplan einigen, kann die Maßnahme stattfinden.

Ausnahme: Schwerbehinderte können die stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell rechtlich einfordern.

Die stufenweise Wiedereingliederung beginnt zu einem Zeitpunkt, zu dem das Teammitglied offiziell noch arbeitsunfähig ist. Durch einen genau festgelegten Prozess und das sukzessive Aufstocken der Arbeitszeiten können Unternehmen Mitarbeiter:innen schnell, aber sanft zurück ins Team holen. 

Wiedereingliederung: Wie lange vorher soll man sie beantragen?

Die Wiedereingliederung sollte mit ausreichend Vorlauf im Hinblick auf die geplante Rückkehr beantragt werden. Auf diese Weise bekommen alle Beteiligten die Möglichkeit, sich umfassend auf den anstehenden Prozess vorzubereiten.

Bezahlung: Wer zahlt das Gehalt?

Während der beruflichen Wiedereingliederung zahlt die gesetzliche Krankenversicherung Mitarbeitenden das Krankengeld in voller Höhe.

Erfolgt die Wiedereingliederung im Anschluss an eine Reha-Maßnahme, wird von der Rentenversicherung ein Übergangsgeld bereitgestellt. Diese Regelung greift, wenn die Wiedereingliederung innerhalb von vier Wochen nach Ende der Reha aufgenommen wird.

Natürlich kann der Arbeitgeber den Mitarbeitenden auch freiwillig ein Gehalt zahlen – allerdings kann diese Gehaltszahlung zu einer Kürzung des Krankengeldes führen. Als HR-Verantwortliche:r sollten Sie mit den Mitarbeitenden vorab die für sie günstigste Alternative besprechen.

Lohnfortzahlung im Krankheitsfall – das sollten Sie wissen!

Mitarbeitende sanft in den Alltag zurückholen

Wiedereingliederung CHeckliste

Die Wiedereingliederung muss gut geplant sein, um zurückkommende Mitarbeitende nicht zu überfordern. In dieser Checkliste erhalten Sie wichtige Tipps und Schritte, um Mitarbeitende nach langer Abwesenheit einzuarbeiten – inklusive Beispielplan.

Arbeitszeit: Wie viele Stunden arbeitet man?

Die Mitarbeitenden fangen in der Regel mit mindestens zwei Stunden pro Tag an. Anschließend wird die Arbeitszeit im Ein- oder Zwei-Wochen-Rhythmus gesteigert. Weil das betroffene Teammitglied in der Wiedereingliederungsphase offiziell arbeitsunfähig ist, darf der Arbeitgeber die Arbeitszeit nicht elektronisch erfassen. Die Mitarbeitenden besprechen die Arbeitszeiten stattdessen mit der Führungskraft und mit HR.

Dauer der Wiedereingliederung

Die Dauer der Wiedereingliederung ist normalerweise auf einen Zeitraum von sechs Wochen bis zu sechs Monaten ausgelegt. Ist das Teammitglied danach noch nicht wieder voll einsatzfähig, kann der Prozess auf bis zu 12 Monate verlängert werden. Das Ziel besteht darin, mithilfe der festgelegten Maßnahmen die volle Arbeitsleistung der Mitarbeitenden wiederherzustellen.

Urlaubsanspruch

Da das Teammitglied weiterhin als arbeitsunfähig gilt, kann während der Wiedereingliederungsphase offiziell kein Urlaub genommen werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Urlaubsanspruch verfällt – stattdessen wird er während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit angesammelt.

Lesetipp: Urlaubsanspruch im Krankheitsfall – was gilt?

Gescheiterte Wiedereingliederung

Bei gesundheitlichen Problemen der Betroffenen während der Wiedereingliederung kann diese für maximal sieben Tage unterbrochen werden. Dies muss allerdings im Stufenplan festgehalten sein. Geht die Fehlzeit der Mitarbeitenden über die sieben Tage hinaus, gilt die Wiedereingliederung als gescheitert.

Wenn sich der gesundheitliche Zustand verschlechtert, kann die Wiedereingliederung sowohl von den Mitarbeiter:innen, dem behandelnden Mediziner, dem Arbeitgeber oder dem Rehabilitationsträger (also der Kranken- oder Rentenversicherung der Mitarbeitenden) abgebrochen werden. Die Mitarbeitenden gelten in diesem Fall weiterhin als arbeitsunfähig und beziehen Krankengeld, Übergangsgeld oder Verletztengeld.

Voraussetzungen für die Wiedereingliederung

  • Das Teammitglied ist weiterhin arbeitsunfähig.

  • Mitarbeiter:in, Unternehmensleitung und gesetzliche Krankenkasse der Arbeitnehmenden haben der Wiedereingliederung zugestimmt.

  • Ein Arzt bescheinigt dem Teammitglied eine ausreichende Belastbarkeit, um die bisherige Arbeit teilweise wieder aufzunehmen.

  • Das Teammitglied hat noch einen Geldleistungsanspruch gegenüber der Krankenkasse oder einem Rehabilitationsträger (etwa Kranken- oder Übergangsgeld).

  • Das Teammitglied ist bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert. Privat versicherten Arbeitnehmer:innen bleibt nur das BEM.

Gut zu wissen: Etwa ein Drittel aller Burnout-Patient:innen, die zu ihrer Stelle zurückkehren, erleidet innerhalb der ersten zwei Jahre einen Rückfall. Damit genau das nicht passiert, stellt der behandelnde Arzt einen Wiedereingliederungsplan auf.

Lesetipp: 10 wichtige Maßnahmen für Ihr betriebliches Gesundheitsmanagement!

Planung und Durchführung 

Die praktische Ausgestaltung der Wiedereingliederung muss wohldurchdacht sein, um zurückkehrende Mitarbeitende nicht zu überfordern. Dabei hilft ein schriftlicher Wiedereingliederungsplan, der in Zusammenarbeit mit der behandelnden Arztpraxis erstellt wird. Ein solcher Wiedereingliederungsplan regelt den konkreten Ablauf und enthält folgende Aspekte:

  • Beginn und Ende der Maßnahme

  • nähere Informationen zu den einzelnen Stufen

  • Tätigkeiten und Belastungen, die das Teammitglied vermeiden sollte

  • begleitende Maßnahmen am Arbeitsplatz

  • Rücktrittsrechte und -gründe in Bezug auf die betriebliche Wiedereingliederung

Keine wichtigen Aufgaben bei Wiedereingliederung verpassen

Aufgaben Erinnerungen Vertragsende

Meetings planen und an die alten Aufgaben heranführen: Eine Wiedereingliederung dauert lange und erfordert Fingerspitzengefühl. Damit alle Involvierten wissen, was wann zu tun ist, können Sie in Personio zu Beginn alle Aufgaben und Fristen festsetzen. Unsere HR Software erinnert alle Beteiligten pünktlich an ihre Aufgaben.

Wiedereingliederung: Stufenplan als Beispiel

Ausgangssituation: Ein:e Grafikdesigner:in war ein Jahr lang wegen Depressionen krankgeschrieben und kehrt nun wieder zum Unternehmen zurück. Ein Stufenplan zur Wiedereingliederung kann sich wie folgt gestalten: 

Woche 1 bis 2

Woche 3 bis 5

Woche 4 bis 8

ab Woche 9

Arbeitszeit pro Woche

4 h

5 h

6 h

8 h

Aufgabenfelder

Regeln administrativer Aufgaben 

Informieren über neue Prozesse, Strukturen, Tools etc. 

Übernahme kleiner Designaufgaben: Arbeit der Kolleg:innen prüfen, selbst 1 bis 2 geringfügige Aufgaben übernehmen 

Vereinbarung von Terminen mit Kolleg:innen zwecks Wiederannäherung

Teilnahme an Meetings

Prüfung und Optimierung der Arbeit von Kolleg:innen 

Übernahme von 3 bis 5 kleineren Designaufgaben, in Abhängigkeit vom Umfang (Priorisierung und Anzahl der Aufgaben in Absprache mit Führungskraft) 

Teilnahme an unternehmens- und abteilungsrelevanten Meetings

Übernahme einer größeren Designaufgabe (Steigerung im Verlauf der 4 bis 8 Wochen möglich)

Bearbeitung zusätzlicher kleinerer Aufträge (Anzahl und Umfang in Absprache mit Führungskraft) 

Teilnahme an unternehmens- und abteilungsrelevanten Meetings

Business as usual: gleichwertige Verteilung kleinerer und größerer Aufgaben zwischen den Designer:innen 

Erfüllung aller rollenspezifischen Aufgaben

Belastungen, die es zu vermeiden gilt

Zeitdruck

hoher Workload 

zu anspruchsvolle Aufgaben

Zeitdruck

hoher Workload 

zu anspruchsvolle Aufgaben

Zeitdruck

hoher Workload

Zeitdruck

Wiedereingliederung oder BEM – wo liegt der Unterschied?

Obwohl es sich um verschiedene Modelle handelt, werden Wiedereingliederung und betriebliches Eingliederungsmanagement oft gleichgesetzt.

Die Wiedereingliederung nach § 74 SGB V – auch Hamburger Modell – hat das Ziel, erkrankte Arbeitnehmer:innen stufenweise wieder in ihr altes Arbeitsumfeld zu integrieren. 

Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) nach § 167 Abs. 2 SGB IX stellt hingegen einen ergebnisoffenen Prozess dar, bei dem sich unter Umständen sogar herauskristallisiert, dass betroffene Mitarbeitende ihre bisherigen Tätigkeiten nicht mehr ausführen können. Am Ende eines (erfolgreichen) BEM besteht zusätzlich die Möglichkeit einer stufenweisen Wiedereingliederung.

Hinzu kommt, dass Arbeitgeber automatisch zu einem BEM-Prozess verpflichtet sind, wenn Mitarbeitende mehr als sechs Wochen krank waren. Die Wiedereingliederung fungiert demgegenüber als freiwillige Maßnahme und bietet sich unter anderem für Arbeitnehmer:innen an, die ihre bisherige Arbeit zumindest zeitweise wieder ausüben können.

4 Tipps für eine gelungene Wiedereingliederung 

Die stufenweise Wiedereingliederung ist nicht nur ein Verwaltungsakt. Beim Hamburger Modell geht es in erster Linie um zwischenmenschliche Beziehungen, Hilfsbereitschaft und Vertrauen. Indem Sie das betroffene Teammitglied im Arbeitsalltag unterstützen und begleiten, tragen Sie als Personaler:in entscheidend zum Erfolg der Maßnahme bei.

1. Das Gespräch suchen – und zuhören

Setzen Sie sich so früh wie möglich mit dem wiederkehrenden Team-Mitglied in Verbindung. Finden Sie heraus, welche Erwartungen er oder sie an den Wiedereinstieg in den Job hat. Falls es sich um eine durch die Arbeit hervorgerufene Burnout-Erkrankung handelt, versuchen Sie unbedingt vorab, die Ursachen dafür zu klären. Schließlich sollen Mitarbeitende nicht gleich wieder in die Überlastung am Arbeitsplatz rutschen. Vermitteln Sie den Betroffenen, dass man auf ihre Rückkehr großen Wert legt und jederzeit für Fragen oder beim Auftreten von Problemen zu einem offenen und konstruktiven Gespräch bereit ist. 

2. Optimismus an den Tag legen

Dies ist ein neuer Anfang; die ideale Möglichkeit, um Arbeitsprozesse neu zu gestalten und zu verbessern. Gehen Sie mit einer gesunden Portion Optimismus an die Wiedereingliederung heran – eine Einstellung, die auch Führungskräfte und Kolleg:innen widerspiegeln sollten. Signalisieren Sie Ihrem Teammitglied, dass es wertgeschätzt wird und das Unternehmen hinter ihm steht. 

Lesetipp: So fördern Sie die Gesundheit am Arbeitsplatz!

3. Feedback einholen, Abläufe verbessern

Die Einzelheiten bezüglich der Arbeits- und Aufgabengestaltung sind im Stufenplan festgelegt. Trotzdem sollten Sie noch einmal konkret auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden eingehen. Was brauchen sie, um zufrieden und produktiv zu arbeiten? Machen sie ausreichend Pausen? Wie ist das Klima im Büro? Sprechen Sie hier auch mit den direkten Vorgesetzten und Kolleg:innen und versuchen Sie, die Rahmenbedingungen kontinuierlich zu verbessern.

4. Den Kommunikationsfluss in Gang halten

Während der Wiedereingliederung sind Sie der zentrale Kommunikationsknotenpunkt. Bleiben Sie mit allen Beteiligten – Teammitglied, Team, Management, Arzt und Krankenkasse – in Kontakt und halten Sie diese gleichzeitig über die wichtigen Fortschritte des Verfahrens auf dem Laufenden. Auf diese Weise bleibt der Prozess für alle transparent. Sollten dennoch Probleme auftreten, sind Sie in der Lage, schnell und angemessen darauf zu reagieren und, falls nötig, ein Aussetzen oder sogar den Abbruch der Wiedereingliederung zur Diskussion zu stellen.

Wiedereingliederung softwaregestützt managen

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FAQ

Wie funktioniert die Wiedereingliederung nach Krankheit?

Die Wiedereingliederung nach Krankheit kann entweder stufenweise in Form des Hamburger Modells oder im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements erfolgen. 

Wie viele Stunden muss man bei einer Wiedereingliederung arbeiten?

Im Regelfall sieht der Wiedereingliederungsplan während der ersten Arbeitswoche ca. zwei Arbeitsstunden pro Tag vor. Anschließend wird die Arbeitszeit sukzessive – bevorzugt in einem Rhythmus von ein bis zwei Wochen – gesteigert.

Was sind die Voraussetzungen für eine Wiedereingliederung?

Damit die Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell infrage kommt, muss unter anderem eine längere Fehlzeit vorliegen und die Mitarbeitenden weiterhin als arbeitsunfähig gelten. Zudem ist ein umfassender Wiedereingliederungsplan zu erstellen. 

Wie viel Geld bekommt man bei einer Wiedereingliederung?

Während der Wiedereingliederung erhalten Arbeitnehmende in der Regel weiterhin Krankengeld in voller Höhe.

Disclaimer

Wiedereingliederung richtig planen & durchführen

Wiedereingliederung CHeckliste