Kündigung wegen Krankheit: Wann ist sie berechtigt?

Kündigung wegen Krankheit

Krankheiten gehören zum Leben dazu. Bei einer Erkältung kann man seiner Arbeit innerhalb kurzer Zeit wieder nachgehen. Bei einem schweren Unfall oder einer ernsten Krankheit fallen Arbeitnehmer:innen oft mehrere Monate oder gar Jahre aus.

Das kann für Arbeitgeber zur Belastung werden – eventuell denken sie über eine krankheitsbedingte Kündigung nach: Doch wann ist eine Kündigung wegen Krankheit überhaupt zulässig? Was müssen Arbeitgeber beachten, damit die Kündigung wirksam ist? Welche Rechte haben Arbeitnehmer:innen? Diese und viele weitere Aspekte erfahren Sie in diesem Artikel.

Wenn die Kündigung offizielle wird: So läuft der Prozess strukturiert und rechtssicher ab.

Was ist eine krankheitsbedingte Kündigung?

Wenn Arbeitgeber Angestellten wegen einer langen oder häufiger kurzer Arbeitsunfähigkeit kündigen, spricht man von krankheitsbedingter Kündigung. Die Hürden dafür sind hoch: Meist müssen Gerichte im Einzelfall entscheiden, ob eine solche Kündigung rechtmäßig ist.

In Deutschland unterscheidet der Gesetzgeber zwischen drei unterschiedlichen Kündigungsarten:

Die Kündigung wegen Krankheit ist die häufigste Form der personenbedingten Kündigung in Unternehmen.

Einige Beispiele für Krankheiten, die zu langer Arbeitsunfähigkeit führen und als Grund für eine krankheitsbedingte Kündigung dienen können, sind:

  • Schwere Unfallfolgen, z. B. gebrochene Knochen, Trauma, Amputationen

  • Chronische Einschränkungen, z. B. Bandscheibenvorfälle, Arthrose, langfristige Lungenerkrankungen

  • Psychologische Einschränkungen, z. B. Depressionen

  • Häufige Kurzerkrankungen

Wann droht eine Kündigung wegen Krankheit?

Grundsätzlich gilt: Arbeitnehmende sind durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geschützt. Es gibt jedoch bestimmte Szenarien oder Voraussetzungen, unter denen Arbeitnehmer:innen aufgrund von Krankheit gekündigt werden können.

Diese Aspekte müssen für eine krankheitsbedingte Kündigung erfüllt sein:

Es gibt keine realistische Aussicht auf Besserung des Gesundheitszustandes des Arbeitnehmenden: Der Arbeitnehmende konnte in den vergangenen drei Jahren mindestens sechs Wochen pro Jahr krankheitsbedingt nicht seiner Arbeit nachgehen. Auch in Zukunft wird sich dies nicht ändern.

Dieser Nachweis muss durch einen Arzt erfolgen – im Fachjargon "Negativprognose" genannt. Der Arzt erklärt schriftlich, dass sich der Zustand des Arbeitnehmenden voraussichtlich nicht so weit verbessern wird, dass er oder sie wieder arbeitsfähig sein wird. Ärzte erstellen Prognosen in der Regel für Zeiträume von vier Monaten bis zwei Jahren.

Die be­trieb­li­chen oder wirt­schaft­li­chen In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers müssen stark beeinträchtigt sein: Das Unternehmen leidet erheblich unter dem Ausfall der erkrankten Mitarbeitenden, z. B. aufgrund hoher Kosten für die Beschäftigung von Leiharbeitenden als Ersatz.

Der Arbeitgeber hat sorgfältig zwischen seinen wirtschaftlichen Interessen und denen des Arbeitnehmenden abgewogen: Der Arbeitgeber muss begründen, dass die Kündigung aufgrund der Erkrankung der Arbeitnehmenden die einzige Option ist. Er hat geprüft, ob Arbeitnehmende nicht weiter beschäftigt werden können, beispielsweise wenn sie eine leichtere Tätigkeit übernehmen oder in Teilzeit arbeiten können.

Ein Beispiel für eine mögliche gerechtfertigte Kündigung wegen Krankheit:

Ein Handwerker verletzt sich beim Freizeitsport schwer am Knie und kann sich nur noch eingeschränkt bewegen. Er kann dauerhaft keine schweren Materialien mehr tragen oder auf Knien arbeiten. Bürotätigkeiten in der Verwaltung des Betriebs kann er aufgrund mangelnder Erfahrung nicht übernehmen. Der Arbeitgeber wäre also berechtigt zu kündigen.

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Machen Sie eine Interessenabwägung

Arbeitgeber sollten für die Interessenabwägung den Betriebsrat und eine professionelle Rechtsberatung hinzuziehen. Diese können dabei helfen, den Fall zu bewerten.

Bei der Interessenabwägung muss der Arbeitgeber folgende Faktoren berücksichtigen:

  • Die Dauer des Arbeitsverhältnisses: Einem jahrzehntelang beschäftigten Arbeitnehmer mit zwei Kindern kann nicht so leicht gekündigt werden wie einem erst kürzlich eingestellten Arbeitnehmer.

  • Die Krankheitsursache

  • Die Fehlzeiten vergleichbarer Arbeitnehmer

  • Das Alter des Mitarbeitenden

Ab welcher Krankheitsdauer droht eine Kündigung?

Es gibt keine feste Regel dafür, ab welcher Krankheitsdauer eine Kündigung möglich ist. Im Streitfall entscheiden Gerichte. Diese orientieren sich bei ihrer Entscheidung oft an der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmenden.

Angestellte, die seit mehreren Jahren im Unternehmen sind, sind meist erst bei Negativprognosen von über 18 Monate kündbar. Neue Mitarbeiter können schon bei Prognosen von vier bis sechs Monaten gekündigt werden. Bei einer zu erwartenden Arbeitsunfähigkeit von über zwei Jahren ist eine Kündigung in den meisten Fällen rechtens.

Können Arbeitnehmende bei häufigen Kurzerkrankungen gekündigt werden?

Sind Arbeitnehmer:innen immer wieder für kurze Zeit krank, kann dies ebenfalls ein Kündigungsgrund sein – unter zwei Voraussetzungen:

Erstens: Der Arbeitnehmende muss mehr als sechs Wochen im Jahr über mehrere Jahre krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen sein. Zweitens: Der Gesundheitszustand des Arbeitnehmenden wird sich voraussichtlich nicht verbessern und ein Arzt bestätigt dies durch eine Negativprognose.

Grundsätzlich sollten Arbeitgeber jeden Fall einzeln betrachten, sorgfältig prüfen und sich mit dem Betriebsrat und mit Anwält:innen beraten.

Darf eine Kündigung während einer Krankheit ausgesprochen werden?

Eine Krankschreibung schützt nicht vor einer Kündigung. Der Arbeitgeber kann Arbeitnehmende während der Arbeitsunfähigkeit kündigen – selbst wenn sie schwer erkrankt sind und beispielsweise Krebs haben.

Der Arbeitgeber muss mit der Kündigung nicht warten, bis Angestellte wieder gesund sind. Es bringt also nichts, sich vom Arzt krankschreiben zu lassen, um sich vor einer Kündigung zu schützen.

Einige Ausnahmen gibt es allerdings. Manche Gruppen sind durch den speziellen Kündigungsschutz vor einer Entlassung geschützt.

Dazu gehören

Ist eine krankheitsbedingte Kündigung in der Probezeit zulässig?

Der Arbeitnehmer fällt erst nach mehr als 6-monatiger Beschäftigung bei seinem Arbeitgeber unter das Kündigungsschutzgesetz. Davor gelten gelockerte Kündigungsregeln.

In der Probezeit kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ohne Kündigungsgrund entlassen – auch bei Krankheit.

Welche Kündigungsfristen gelten bei krankheitsbedingten Kündigungen?

Arbeitgeber müssen die gesetzlich vorgegebene Kündigungsfrist bei ordentlichen Kündigungen einhalten. Sie ist im § 622 BGB geregelt. Pauschal gilt: Je länger Arbeitnehmende im Unternehmen tätig waren, desto länger ist die Kündigungsfrist (hier Kündigungfrist berechnen).

Bei einer außerordentlichen Kündigung gilt die Frist nicht. Eine außerordentliche Kündigung ist nur möglich, wenn die andauernde Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmenden den Betrieb stark gefährdet und dessen Existenz bedroht. Solche Extremfälle sind in der Praxis selten.

Muss zunächst eine Abmahnung des Arbeitgebers erfolgen?

Bei verhaltensbedingten Kündigungen werden Arbeitnehmer:innen vor einer Kündigung abgemahnt. Eine Abmahnung soll Arbeitnehmenden die Chance geben, ihr Verhalten in der Zukunft zu verbessern. Bei einer Erkrankung ist das natürlich nicht möglich – damit erübrigt sich eine Abmahnung. Bei krankheitsbedingten Kündigungen ist daher keine vorherige Abmahnung nötig.

Ist eine fristlose Kündigung wegen Krankheit möglich?

Eine fristlose Kündigung wegen Krankheit ist nicht möglich. Klagen Arbeitnehmende dagegen, entscheiden Gerichte in der Regel zu ihren Gunsten. Eine fristlose Kündigung wäre nur gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmende die Krankheit vortäuscht oder Atteste fälscht.

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Gibt es eine Abfindung nach Kündigung wegen Krankheit?

Arbeitgeber sind nicht zur Zahlung von Abfindungen verpflichtet. Jedoch bieten sie Arbeitnehmenden häufig freiwillig eine Abfindung an: als Anerkennung für ihre Leistungen oder um eine Klage der Angestellten gegen die Kündigung zu umgehen.

In letzteren Fall knüpfen Arbeitgeber die Abfindungszahlung an die Bedingung, dass Mitarbeitende die Kündigung akzeptieren. Bevor diese einer solchen Vereinbarung zustimmen, sollten sie das Angebot prüfen und sich eventuell durch Anwält:innen beraten lassen.

Um die Höhe der Abfindung zu ermitteln, wird oft folgende Formel angewandt:

0,5 Bruttomonatsgehälter x Anzahl der Beschäftigungsjahre

Bei einem Bruttogehalt von 4.000 € monatlich und 10 Beschäftigungsjahren ergibt sich die folgende Abfindungssumme:

0,5 x 4.000 € x 10 = 20.000 €

Selbstverständlich können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmende auf einen anderen Betrag einigen.

Wie wirkt sich eine krankheitsbedingte Kündigung auf das Arbeitslosengeld aus?

Arbeitnehmer:innen, die krankheitsbedingt gekündigt wurden, können normalerweise sofort Arbeitslosengeld beziehen.

Eine Ausnahme ist im § 159 SGB III geregelt: Wenn sich Arbeitnehmende nicht nach den Vorgaben der Versicherung verhalten, kann ihnen eine Sperrfrist von bis zu zwölf Wochen auferlegt werden. In dieser Zeit erhalten sie kein Arbeitslosengeld.

Wann ist eine krankheitsbedingte Kündigung unwirksam?

Wenn Arbeitgeber nicht genau auf Details und Form der Kündigung achten, kann diese unwirksam sein, z. B. in folgenden Fällen:

  • Der Arbeitgeber verschickt die Kündigung nicht auf Papier, sondern spricht sie nur mündlich aus oder versendet sie per E-Mail.

  • Der Arbeitgeber vermerkt eine falsche Kündigungsfrist im Kündigungsschreiben oder er hält die Frist nicht ein.

  • Das Kündigungsschreiben wird nicht rechtsgültig unterschrieben – von Hand oder mit einer qualifizierten, elektronischen Signatur.

  • Der Betriebsrat – sofern es einen gibt – hat der Kündigung nicht zugestimmt.

  • Die Arbeitnehmenden gehören zu einer der folgenden Personengruppen: Schwangere, Mitglieder des Betriebsrats, oder Arbeitnehmende in Elternzeit.

Was tun gegen eine krankheitsbedingte Kündigung?

Da die Anforderungen für eine krankheitsbedingte Kündigung in Deutschland hoch sind, können Arbeitgeber eine Kündigung wegen Krankheit nur schwer durchsetzen. Wenn Arbeitnehmende dagegen klagen, haben sie gute Chancen, dass die Kündigung vom Gericht als unwirksam erklärt wird.

Wenn Arbeitnehmer:innen eine Kündigung als nicht gerechtfertigt betrachten, sollten sie folgendes tun:

  • Sie sollten das Kündigungsschreiben des Arbeitgebers auf formale Korrektheit überprüfen. Die Kündigung muss von einer dazu befugten Person unterschrieben sein und die Kündigungsfrist beinhalten.

  • Sie sollten alle Unterlagen und Dokumente im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung oder ihrem Unfall sammeln. Diese können sie im Falle einer Klage dem Gericht vorlegen.

  • Arbeitnehmende sollten eine Rechtsschutzversicherung abschließen, um sich finanziell abzusichern.

  • Arbeitnehmende sollten vor Einreichung der Klage mit dem Arbeitgeber sprechen. Wenn sie sich einigen können, ist dies für beide Seiten der angenehmere Weg.

Arbeitnehmende sollten dabei die gesetzliche Frist beachten: Sie müssen die Klage innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung beim Arbeitsgericht einreichen. Ansonsten gilt die Kündigung des Arbeitgebers als wirksam.

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