Mobbing am Arbeitsplatz: Was HR dagegen tun kann

employee dealing with workplace bullying

Es beginnt mit einem fiesen Witz über den neuen Kollegen im Pausenraum. Und endet einige Monate später mit dessen Eigenkündigung. Mobbing am Arbeitsplatz hat viele Facetten, aber immer nur ein Ergebnis: Erkrankte, frustrierte und leidende Kolleg:innen. Was Sie tun können, damit Mobbing gar nicht erst entsteht und auf welche Warnsignale HR-Verantwortliche achten müssen.

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Definition: Wann spricht man von Mobbing am Arbeitsplatz?

Der Begriff Mobbing beschreibt ein Phänomen, das systematische und länger andauernde Anfeindungen, Schikanen oder Diskriminierung von Beschäftigten durch Vorgesetzte oder gleichgestellte Kolleg:innen umfasst. Systematisches Mobbing kann sogar Straftatbestände erfüllen.

Losgelöst von der abstrakten Definition von Mobbing, alarmieren vor allem die harten Fakten zu diesem Phänomen in Deutschland. Einer aktuellen Umfrage von Statista in Kooperation mit YouGov zufolge ist Mobbing am Arbeitsplatz kein Einzelphänomen. Im Gegenteil.

Demnach waren 29 Prozent der Befragten schon einmal Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz. 17 Prozent haben bereits Mobbing bei Kolleg:innen oder Vorgesetzten miterlebt und immerhin vier Prozent gaben zu, selbst schon einmal am Arbeitsplatz gemobbt zu haben. Am häufigsten fand Mobbing in Form direkter sozialer Interaktion statt, wie es auch die Grafik zeigt:

Mobbing am Arbeitsplatz: Die Statistiken

Besonders auffallend: Die Täter (sog. Mobber) waren in 72 Prozent der Fälle die eigenen Arbeitskollegen, immerhin 48 Prozent nannten ihre Vorgesetzten als Verursacher (hier spricht man von Bossing statt von Mobbing). Untergebene waren lediglich in sechs Prozent der Fälle die Täter. Um ein besseres Verständnis von Mobbing am Arbeitsplatz zu gewinnen, muss allen Beschäftigten klar sein, wo Mobbing überhaupt anfängt, welche Anzeichen darauf hinweisen.

Mobbing – auf einen Blick

  • Mobbing kann Unternehmen jeder Größe treffen

  • Warnsignale: Miserable Stimmung und abnehmende Leistungen

  • Mobbing ist strafbar – der Arbeitgeber muss handeln

  • Prävention kann Mobbing verhindern – Leitbilder und Unternehmenskultur helfen

  • Mobber müssen sanktioniert werden

Mobbing am Arbeitsplatz – wo fängt es an?

Nicht jede Art von menschlichem Fehlverhalten ist direkt Mobbing. Vielmehr ist nicht in allen Fällen eindeutig festzustellen, wann oder wo Mobbing am Arbeitsplatz beginnt. Oft ist es ein schleichender Prozess, bei dem die Grenzen von zwischenmenschlichen Reibungsverlusten und aktivem Mobbing verschwimmen.

Wenn Vorfälle bzw. Aktivitäten wie

  • Einschüchterung

  • Erniedrigung

  • Beleidigung

  • Entwürdigung

  • Belästigung

nicht nur einmal, sondern über einen Zeitraum von mehreren Monaten immer wieder auftreten und die betroffene Person dadurch in ihrer Persönlichkeit und in ihrer Gesundheit verletzt wird, spricht man von Mobbing im rechtlichen relevanten Sinn.

Damit ein Mobbingvorwurf Hand und Fuß hat, müssen stets zwei wesentliche Faktoren erfüllt werden.

  • Die Handlungen erfolgen systematisch (also mit einer Absicht)

  • und konstant wiederkehrend.

Das Ziel ist klar: Das Mobbingopfer soll weichen, also seine Position verlassen.

Allgemeiner formuliert beginnt Mobbing immer dann, wenn die betroffene Person durch die genannten Vorgänge belastet wird und in Folge auch die Arbeitsbereitschaft bzw. -leistung leidet.

Mitarbeiterbefragung: Wie geht es Ihrem Team?

Mitarbeiterbefragung Vorlage

Nutzen Sie diese Vorlage für Mitarbeiterbefragungen – so können Sie Warnzeichen rechtzeitig erkennen.

Drei Beispiele für Mobbing am Arbeitsplatz

Der Chef von Jutta K. ist offensichtlich mit ihrer Arbeitsleistung nicht zufrieden. Vor anderen Teammitgliedern wird er ihr gegenüber in fast jedem Meeting laut und in seiner Wortwahl auch ausfallend. Im Pausenraum verbreitet er regelmäßig Gerüchte über Juttas angebliche Ehekrise. Zweimal täglich ruft er sie an und setzt sie unter starken Zeitdruck. Dieses Verhalten zieht sich über mehrere Monate hin, in deren Verlauf Jutta K. sich immer öfter krank meldet.

Peter W. wird von seiner Teamleiterin permanent ausgegrenzt. Er erhält keine Einladungen mehr zu den regelmäßigen Sitzungen, die online stattfinden. Weiterhin entzieht sie ihm ohne sein Wissen die Zugangsberechtigung zu relevanter Software und den Laufwerken, auf denen er wichtige Infos abrufen bzw. ablegen muss. Die anderen Teammitglieder wissen von der Taktik der Leitung, informieren aber Peter W. nicht. Termingerecht abgelieferte Arbeiten von Peter W. lässt die Teamleitung einfach verschwinden und kanzelt ihn dafür vor ihrem Vorgesetzten ab. Nach zwei Monaten erhält Peter nur noch einfachste Arbeiten, die nicht seiner Stellenbeschreibung entsprechen.

Jessy M. und Hannah W. arbeiten als Team in der Buchhaltung. Jessy hat in den letzten Monaten bei der Verteilung wichtiger Aufgaben vom Chef den Vorrang erhalten. Hannah fühlt sich übergangen und beginnt damit, die Kollegin im Kreis der Abteilung schlecht zu machen. Sie bekrittelt dauerhaft Jessys Arbeit und stört deren Konzentration durch überlaute, lange Telefonate und das Abspielen von Musik. Seit mehreren Wochen trägt sie in Anwesenheit von Jessy (die Allergikerin ist) ein starkes Parfum auf. Mehrfach spielt sie ihr fehlerhafte Dateien zu, die in der Folge gravierende Auswirkungen auf die buchhalterischen Ergebnisse haben. Die gemeinsamen Mittagspausen beendet Hannah abrupt und ignoriert zudem jede Kontaktaufnahme von Jessy.

In allen drei – konstruierten – Beispielen lassen sich folgende Mobbingmuster finden:

  • Die fachliche Kompetenz von Beschäftigten wird in Frage gestellt – die Betroffene dadurch eingeschüchtert

  • Das Mobbing-Opfer wird ausgegrenzt und boykottiert

  • Die Arbeitsleistung wird bewusst falsch bewertet

  • Betroffene werden (vor anderen Kollegen) lautstark angegangen

  • Über das Mobbing-Opfer werden unwahre Gerüchte, auch aus dem Privatleben, verbreitet – Ziel ist die Rufschädigung

  • Die Betroffenen werden verbal beleidigt

  • Die Gestaltungsmöglichkeiten des Opfers werden bewusst sabotiert

  • Opfer werden mit Absicht unterfordert

Warnsignale und Ursachen für Mobbing am Arbeitsplatz

Damit Mobbing in Unternehmen keine Chance hat, gilt es, möglichst frühzeitig Signale und Stimmungen zu erkennen, um im nächsten Schritt rasch Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Hierbei spielen die Führungskräfte aber auch HR eine wichtige Rolle. Sie müssen in der Lage sein, auch schleichende Entwicklungen zu erkennen. Denn Mobbing unterliegt – wie bereits beschrieben – fließenden Grenzen.

Achten Sie auf folgende oder vergleichbare Warnsignale, die auf eine Mobbingsituation hindeuten können:

  • Die Stimmung im Team/in der Abteilung kippt spürbar

  • Die Leistungen des Teams oder einzelner Beschäftigter nimmt deutlich ab

  • Der Krankenstand in einem Team/einer Abteilung steigt stark an

  • Die Mitarbeitenden petzen über die Leistungen von Kolleg:innen

  • Ein:e Kolleg:in gerät ungewollt in den Fokus der anderen

Sollten Sie als Führungskraft oder HR derartige Warnsignale wahrnehmen, müssen Sie handeln. Und zwar zügig. Was Sie tun können, lesen Sie unter Punkt 6 dieses Artikels.

Die Ursachen von Mobbing sind so divers wie zahlreich. Oftmals sind es Gefühle wie Neid und Missgunst in der Belegschaft, die eine Entwicklung pro Mobbing begünstigen. Liegt der Grund im Charakter eines Menschen, wird es schwierig die Ursachen zu bekämpfen. Einer von Haus aus eher primär auf die eigene Karriere fixierten Kollegin wird man nicht ohne weiteres Toleranz, Offenheit und Empathie vermitteln können. Auch ein mangelndes Selbstwertgefühl kann aus einem eben noch netten Kollegen rasch einen subtilen Mobber machen.

Mobbing-Opfer können in der Regel nicht einschätzen, warum ausgerechnet sie zum Opfer eine Mobbingkampagne der Kolleg:innen geworden sind. In ihren Augen war das Verhältnis zum Chef doch immer ausgezeichnet und ihre Leistungen über dem Durchschnitt des Teams. Doch genau dadurch geraten sie in das Visier von Kolleg:innen, die plötzlich glauben, benachteiligt zu werden.

Diese Folgen hat Mobbing am Arbeitsplatz

Mobbing am Arbeitsplatz kann drastische Folgen haben – natürlich primär für das Mobbing-Opfer, aber auch für das Unternehmen. Prävention von Mobbing ist daher elementar.

Folgen für Mobbing-OpferVerminderte Wirtschaftskraft durch Leistungsabfall / Krankheitsausfall des Mobbing-Opfers
Schlaflosigkeit, Erschöpfung, KonzentrationsproblemeMehrbelastung von Kolleg:innen durch Krankschreibung
Kreislauf- und EssstörungenSchlechte Stimmung in Teams und wachsende Unzufriedenheit (z.B. durch Mehrarbeit)
Verlust der Selbstachtung und des SelbstwertgefühlsBei Kündigung: Kosten für Recruiting und Einarbeitung eines neuen Team-Mitglieds
Depressive Zustände bis zu schweren DepressionenImageschaden, sollte Mobbing-Vorfall bekannt werden
Finanzielle Einbußen bei längerem KrankheitsausfallEvtl. Vertrauensverlust in das Unternehmen seitens anderer Mitarbeiter:innen

Mobbing am Arbeitsplatz – strafbar?

Mobbing am Arbeitsplatz ist alles andere als ein Kavaliersdelikt. Der rechtliche Rahmen für Reaktionen durch den Arbeitgeber lässt sich aus § 241 Abs. 2 BGB herleiten. Der Arbeitgeber hat – auch in Person der Führungskräfte – eine Fürsorgepflicht für seine Beschäftigten und muss im Falle von Mobbing einschreiten, er hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht seiner Arbeitnehmer:innen zu schützen.

Auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt betroffene Arbeitnehmer in § 22 in bestimmten Fällen, denn der Arbeitgeber trägt demnach die Beweislast, dass eine von Mobbing betroffene Arbeitnehmer:in nicht aufgrund von Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität benachteiligt werden darf.

Der Begriff der „Belästigung" aus § 3 Abs. 3 AGG wurde vom Bundesarbeitsgericht bereits im Jahr 2007 auf die Mobbing-Thematik übertragen. Ein Mobbing-Opfer kann nach § 12 Abs. 3 AGG vom Arbeitgeber verlangen, dass dieser alle im jeweiligen Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung ergreift – wenn Vorgesetzte als Täter agieren. Ein Anspruch darauf besteht allerdings nicht.

Diese Maßnahmen sind

Mobbing-Opfer können selbst strafrechtlich gegen die Täter vorgehen – wenn diese den Straftatbestand der Beleidigung, der üblen Nachrede, der Verleumdung oder der Körperverletzung erfüllten.

Empfehlung für Betroffene: Wenn sich abzeichnet, dass Mitarbeiter:innen zum Opfer einer Mobbingkampagne geworden sind, sollten sie reagieren und sich wehren. Rasch und ernsthaft. Ein erster Schritt raus aus der Opferrolle kann das direkte Gespräch mit dem Täter sein, eventuell unter Zeugen. Hier sollten möglichst stichhaltige Beweise für Mobbing vorgelegt werden und Konsequenzen offengelegt werden, bis hin zu juristischen Schritten. Bleibt dieser Schritt ohne Erfolg, sollten Betroffene den Kontakt zum Vorgesetzten, dem Betriebsrat und/oder zu HR aufnehmen. Auf keinen Fall sollten Opfer sich von einem eventuell vorgelegten Aufhebungsvertrag unter Druck setzen lassen – hier führt der erste Weg zum Fachanwalt für Arbeitsrecht. Damit im worst case einer Arbeitslosigkeit nicht auch noch eine Sperrzeit zum Bezug des Arbeitslosengeldes kommt.

Das kann HR gegen Mobbing unternehmen

Der beste Tipp für HR gegen Mobbing: Lassen Sie Mobbing gar nicht erst entstehen. So banal es klingen mag – Prävention ist der wichtigste Baustein einer Anti-Mobbing-Strategie. Ein Unternehmen, das ein eindeutiges Leitbild und einen klaren Wertekatalog entwickelt, schafft Bewusstsein bei Führungskräften und Mitarbeiter:innen.

Bereits während des Onboarding-Prozesses sollte neuen Beschäftigten die Bedeutung dieses Wertekanons unmissverständlich vermittelt werden.

Benennen Sie einen Mobbing-Beauftragten oder richten Sie eine anonyme Beschwerdestelle ein.

Je stärker es HR gelingt, die Führungskräfte dauerhaft für die Werte des Unternehmens zu sensibilisieren, desto größer ist die Chance, dass Mobbing nicht zum Problem wird.

Sorgen Sie weiterhin dafür, dass für alle Mitarbeiter:innen klare, transparente und vor allem faire Arbeitsstrukturen und Arbeitsbedingungen herrschen. Versuchen Sie, starke Überlastung am Arbeitsplatz und permanente Mehrarbeit zu verhindern. Dadurch fühlen sich die Beschäftigten in einem Boot und empfinden in der Regel weniger Ungerechtigkeiten.

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Wenn Mobbing passiert ist

  • Arbeitgeber und hier vor allem HR haben eine Fürsorgepflicht für ihre Beschäftigten. Suchen Sie als erstes das Gespräch mit Opfer und Täter. Analysieren Sie die Situation, holen Sie Informationen, Beweise und Einschätzungen von Zeugen ein.

  • Lässt sich das Problem eventuell durch eine Mediation lösen? So eine Streitbeilegung kann durch externe Fachleute aber auch durch Vertrauenspersonen aus dem Unternehmen durchgeführt werden. Wichtig: Opferschutz geht vor.

  • Stellen Sie als HR eindeutiges Fehlverhalten im Sinne von Mobbing fest – müssen Sie aktiv und konsequent gegen den Täter vorgehen und klare Zeichen für Nachahmer setzen. Diese Sanktionierung reicht von der Abmahnung über die Versetzung bis zur Kündigung als ultima ratio.

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