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Halo-Effekt: Definition, Ursachen und Beispiele
Im Einstellungsprozess obliegt es den HRler:innen, Recruiter:innen und Personaler:innen , sich ein umfassendes Bild von potenziellen Jobanwärter:innen zu machen. Da es im Regelfall allerdings eine Vielzahl von Kandidat:innen „auf Herz und Nieren“ zu prüfen gilt, ist die verfügbare Zeit pro Kandidat:in beschränkt. Dies und die Tendenz, Bewerbende nach spezifischen Kriterien zu beurteilen, begünstigt Beurteilungsfehler wie den Halo-Effekt. Im Folgenden erfahren Sie, wie sich der Halo-Effekt definiert, woran man ihn erkennt und wie ihm vorgebeugt werden kann.
Key Facts
Beim Halo-Effekt überstrahlt ein auffälliges Merkmal alle anderen Charakterzüge einer Person. Aus diesem einen Merkmal wird in der Folge ein subjektives Gesamtbild abgeleitet. Daher wird der Halo-Effekt auch als Heiligenschein-Effekt oder Überstrahlungseffekt bezeichnet.
Im Gegensatz zum Halo-Effekt liegt der Fokus beim Horn-Effekt auf einer negativen Auffälligkeit, die zu einer negativen Gesamteinschätzung führt.
Bedingt durch Halo- und Horn-Effekt kommt es zu Wahrnehmungsverzerrungen und Beurteilungsfehlern. Diese erschweren es, das Gegenüber in seiner Gesamtheit korrekt zu erfassen.
Um Beurteilungsfehlern vorzubeugen, ist es wichtig, möglichst offen auf andere Menschen zuzugehen und dem eigenen Schubladendenken aktiv entgegenzusteuern.
Was ist der Halo-Effekt?
Beim Halo-Effekt handelt es sich um ein Phänomen aus der Sozialpsychologie. Im Kern beschreibt der Halo-Effekt, wie durch vorschnelles „oberflächliches“ Urteilen ein verzerrtes, subjektives Bild von einer anderen Person entsteht.
Wenn über das Gegenüber nur wenige Informationen vorliegen, neigen wir Menschen dazu, uns auf ein auffälliges Merkmal – wie zum Beispiel Aussehen, Kleidung oder Stimme – zu fokussieren. Dieses Merkmal wird automatisch einer passenden Schublade zugeordnet. Ein besonders bekanntes Beispiel ist die Assoziation, dass Brillenträger:innen zwangsläufig schlau und strebsam sind. Objektiv betrachtet, trifft diese Annahme jedoch keinesfalls immer zu.
Der Begriff Halo-Effekt leitet sich dabei vom englischen „halo“ ab, was im Deutschen so viel wie „Heiligenschein“ bedeutet. Bildlich gesprochen, überstrahlt also ein herausstechendes Merkmal alle anderen. Vor diesem Hintergrund sind auch die Synonyme Heiligenschein-Effekt und Überstrahlungseffekt entstanden.
Gut zu wissen: Während beim Halo-Effekt auf Basis eines positiven Merkmals ein positiver Charakterzug abgeleitet wird, ist beim Horn-Effekt genau das Gegenteil der Fall. Hier wird von einem negativen Merkmal auf eine negative Eigenschaft geschlossen.
Halo-Effekt: Ursache
Die auf dem Halo-Effekt basierenden Beurteilungsfehler lassen sich sowohl evolutionsbedingt als auch psychologisch erklären. Vorab sei gesagt: Beim Überstrahlungseffekt handelt es sich in den seltensten Fällen um einen aktiven Prozess. Im Regelfall spielt er sich automatisch und unterbewusst ab.
Die Welt und die Menschen, die in ihr leben, zeichnen sich durch eine hohe Komplexität aus. Um auf das Gegenüber in jeder Situation angemessen reagieren zu können, ist eine blitzschnelle Auffassungsgabe gefragt. Für unsere Vorfahr:innen aus der Steinzeit war es mitunter sogar überlebenswichtig, Feind:innen auf den ersten Blick von Freund:innen zu unterscheiden.
In der heutigen Zeit verhilft diese Fähigkeit vor allem zu Erfolg, Durchsetzungsvermögen und Beliebtheit. Indem wir Personen anhand von herausstechenden Merkmalen, Mustern und Lernerfahrungen beurteilen, gelingt es uns, unser Verhalten an die individuellen Gegebenheiten anzupassen.
Der Halo-Effekt steht zudem in einem engen Zusammenhang mit der Selffulfilling Prophecy bzw. dem Pygmalion-Effekt: Wenn ein Mensch auf eine bestimmte Weise eingeschätzt und behandelt wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dessen Verhalten tatsächlich entsprechend der Vorabeinschätzung ausfällt. Anders gesagt, eine Person, die sich mit einer bestimmten Erwartungshaltung konfrontiert sieht, wird sich bemühen, ihr gerecht zu werden. Dieses Zusammenspiel untermauert wiederum die durch den Halo-Effekt erzeugte erste Assoziation. Und zwar völlig unabhängig davon, ob die initiale Einschätzung korrekt war oder eine verzerrte Wahrnehmung zugrunde lag.
Halo-Effekt: Beispiele
Die folgenden Beispiele sollen die Konsequenzen des Halo-Effekts bzw. des Horn-Effekts im HR-Alltag aufzeigen:
Lücke im Lebenslauf
Als Paradebeispiel für den Horn-Effekt fungiert die berühmte Lücke im Lebenslauf. Auch wenn längst ein Umdenken ins Rollen gekommen ist, gilt diese im Bewerbungsprozess mitunter weiterhin als Alarmsignal. Ungeachtet der Frage nach dem Warum neigen manche Recruiter:innen dazu, Bewerbenden mit einer Lücke im Lebenslauf mangelnde Qualifikationen oder eine fehlende Motivation nachzusagen. Betroffene Kandidat:innen werden in der Folge vom Bewerbungsgespräch ausgeschlossen.
Äußere Erscheinung beim Vorstellungsgespräch
Menschen nach ihrer „Schale“ zu beurteilen, ist naheliegend. Schließlich ist die äußere Erscheinung meist das Erste, das man von einer anderen Person wahrnimmt, noch bevor überhaupt ein Wort gesprochen oder die Hand gereicht wurde.
Bewerber:innen im gebügelten Kostüm oder Anzug, mit sorgfältig frisiertem Haar erwecken den Eindruck, kompetent und gewissenhaft zu sein. Entscheidende Charakterzüge, die schon einmal grundlegend für eine Einstellung sprechen.
Kommunikation mit Teammitgliedern in der Probezeit
Während der Probezeit geht es darum, umfassend zu beurteilen, ob ein:e Kandidat:in den Anforderungen gewachsen ist. Neben den gezeigten Fachkenntnissen beeinflussen hier auch soziale Aspekte, wie zum Beispiel die Interaktion mit den Kolleg:innen, die Einschätzung. Eine ausdrucksstarke und klare Stimme wird häufig mit Selbstsicherheit und Kompetenz in Zusammenhang gebracht.
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Wirkung des Halo-Effekts
Zu den Auswirkungen des Heiligenschein- bzw. Horn-Effekts gehört es, Mitmenschen und Mitarbeiter:innen zu über- bzw. zu unterschätzen. Im (Arbeits-)Alltag führt dies regelmäßig zu Komplikationen:
Schubladendenken erschwert die Kommunikation und begünstigt Missverständnisse.
Oberflächliche Einschätzungen bergen das Risiko, dass sich das Gegenüber nicht ausreichend gewürdigt und dadurch herabgesetzt fühlt.
Vakante Stellen werden falsch besetzt, da geeignete Kandidat:innen übersehen werden.
Beliebte, gut aussehende Mitarbeitende werden wiederholt befördert, wohingegen „unscheinbare“ Angestellte trotz vorhandener Fachkompetenz das Nachsehen haben.
Wenn dem Halo-Effekt nicht aktiv entgegengewirkt wird, nehmen Mitarbeiterunzufriedenheit und -fluktuationsrate zu.
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Kann der Halo-Effekt vermieden werden?
Ja, Wahrnehmungs- und Beurteilungsfehlern lässt sich gezielt vorbeugen. Da der Halo-Effekt allerdings unterbewusst vonstattengeht, erfordert dies ein hohes Maß an Selbstreflexion:
Eingeständnis: Zunächst einmal gilt es, sich für die Existenz von Wahrnehmungsverzerrungen zu sensibilisieren. Auch wenn sich die Auswirkungen von Mensch zu Mensch unterschiedlich stark ausgeprägt zeigen, ist niemand dagegen gefeit.
Fokus: Als Nächstes folgt eine Phase der Selbstbeobachtung. Hierbei geht es darum, herauszufinden, in welchen Situationen und durch welche Auslöser es zu Schubladendenken kommt.
Offenheit: Sobald das Bewusstsein für den Halo-Effekt verankert wurde, kann daran gearbeitet werden, Wahrnehmungsverzerrungen bewusst entgegenzuwirken. Dies gelingt am besten, indem man versucht, Mitmenschen möglichst offen gegenüberzutreten. Achten Sie darauf, fremde Menschen nicht anhand von einzelnen Kriterien zu beurteilen, und hinterfragen Sie stets den ersten Eindruck.
Kommunikation: Unterstützend empfiehlt es sich, eine reflektierte Kommunikation zu pflegen. Fragen Sie bei Unklarheiten unmittelbar nach und verschaffen Sie sich auf diesem Weg einen tiefergehenden Eindruck von Ihren Gesprächspartner:innen.
Zeit: Unter Zeitdruck treten vorschnelle Urteile besonders häufig auf. Für wichtige (Unternehmens-)Entscheidungen, wie z. B. das Einstellen von neuen Mitarbeiter:innen, sollten Sie sich also umso mehr Zeit nehmen.
Austausch: Eine zweite Meinung hilft dabei, verzerrte Auffassungen zu entzerren.
Verwandte Wahrnehmungsfehler
Neben dem Heiligenschein-Effekt gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Wahrnehmungsfehler, die häufig ebenfalls unterbewusst und automatisch ablaufen. Dazu gehören:
Primacy Effect/Primär-Effekt: Der erste Eindruck zählt – und zwar so stark, dass er einen Großteil der Erkenntnisse, die später über einen Menschen gewonnen werden, übertönt.
Kleber-Effekt: Frühere Bewertungen haften langfristig an Menschen. Wenn eine Person beispielsweise über einen langen Zeitraum nicht befördert wurde, ist eine Beförderung in naher Zukunft ebenso unwahrscheinlich.
Projektionsfehler/Übertragungsfehler: Menschen tendieren dazu, persönliche Gefühle oder Eigenschaften auf andere zu projizieren. In dem Fall ist es schwer, eine Analyse und die abschließende Bewertung auf objektiver Basis und mit dem nötigen emotionalen Abstand vorzunehmen.
Stereotype: Bei der Beurteilung einer fremden Person kommen vorgefertigte Meinungen bzw. oberflächliche Klischees zum Einsatz, um diese einer bestimmten Schublade zuzuordnen.
Talent-Management mit klarem Kopf
Der Halo-Effekt gilt als weitverbreitetes Phänomen in der sozialen Interaktion. Beurteilungsfehler im Hinblick auf das Gegenüber schleichen sich dabei automatisch und größtenteils unbemerkt ein. Gerade im HR-Alltag ist eine akkurate Beurteilung jedoch unerlässlich. Schließlich ist der Unternehmenserfolg eng damit verknüpft, möglichst jede Stelle mit der (objektiv!) geeignetsten Person zu besetzen. Und diese Entscheidung sollte keinesfalls hauptsächlich von einem einzigen dominierenden Merkmal abhängen.
Um potenziellen Wahrnehmungsverzerrungen entgegenzuwirken, sollten Sie sich ausreichend Zeit für jede:n Einzelne:n nehmen und sich stets ein möglichst umfangreiches Bild verschaffen. Nutzen Sie die Talent-Management-Software von Personio dazu, reibungslose Abläufe zu etablieren – auf diese Weise können Sie Mitarbeiter:innen und Bewerber:innen Ihrevollständige Aufmerksamkeit widmen.
FAQ
Was versteht man unter einem Halo-Effekt?
Vom Halo-Effekt spricht man, wenn eine Person anhand eines ausgewählten Merkmals beurteilt wird. Dabei überstrahlt dieses eine auffällige Merkmal – in den subjektiven Augen des Gegenübers – alles andere, was diese Person (in Wirklichkeit) ausmacht.
Was ist ein Beispiel für den Halo-Effekt?
Zu den klassischen Beispielen für den Halo-Effekt zählt das Beurteilen von Menschen nach ihrer Kleidung. Menschen, die sich stilvoll kleiden, wird nachgesagt, erfolgreich und selbstsicher zu sein.
Wie entsteht der Halo-Effekt?
In unserer komplexen Welt ist eine rasche Auffassungsgabe vonnöten, um Zusammenhänge schnell und möglichst umfassend zu erkennen. Wahrnehmungsfehler wie der Halo-Effekt entstehen vor allem dann, wenn wir von einer Person nur wenig wissen und gleichzeitig nur eingeschränkt Zeit zur Verfügung haben, um uns ein Bild von ihr zu machen.
Wie kann man den Halo-Effekt verhindern?
Sich über das Phänomen des Halo-Effekts und die damit einhergehenden Auswirkungen bewusst zu werden, ist der erste Schritt, um den Halo-Effekt zu verhindern. Darüber hinaus gilt es, Schubladendenken aktiv zu unterbinden und eine offene Gesprächskultur zu pflegen.
Disclaimer
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