21. Oktober 2020

Home Office oder Mobiles Arbeiten? Das lohnt sich laut Arbeitsrecht

Home Office oder Mobiles Arbeiten? Das lohnt sich laut Arbeitsrecht

Die Köpfe in Deutschlands HR-Abteilungen rauchen, denn alle versuchen momentan, diese eine Frage zu beantworten: Wie gestalten wir unsere zukünftigen Home-Office-Richtlinien? Oder ist mobiles Arbeiten sinnvoller? Für die Antwort hat nicht nur die Kultur, sondern auch das Arbeitsrecht ein Wörtchen mitzureden.

Zusammen mit dem Arbeitsrechtexperten, Dr. Philipp Raben von Osborne Clarke, stellen wir deshalb die beiden Modelle "Home Office" und “mobiles Arbeiten” gegenüber und zeigen Ihnen, was sie bei der Umsetzung jeweils tun können, sollen oder auch müssen.

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Home Office und Mobiles Arbeiten: Was ist der Unterschied?

Wenn von der Arbeit außerhalb des Büros gesprochen wird, taucht fast immer der Begriff “Home Office” auf. Was viele nicht wissen: Modelle wie das mobile Arbeiten lohnen sich eventuell sogar mehr für Sie als Arbeitgeber. Was beide Modelle definiert und worin Sie sich unterscheiden, stellen wir Ihnen hier vor.

Home Office

Bei diesem Modell richtet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei ihm zu Hause einen Arbeitsplatz ein – inklusive Büromöbel und technische Ausstattung. Hier arbeitet der Arbeitnehmer entweder ausschließlich oder er wechselt zwischen Home Office und Büro. Einen festen Arbeitsplatz im Büro hat er allerdings meist nicht mehr.

Außerdem ist beim Home Office eine Vereinbarung nötig, auch während Corona. Sie können Mitarbeiter also nicht einfach ins Home Office schicken, sondern brauchen das Einverständnis der Arbeitnehmer. Warum? Die Arbeit von zu Hause ist ein Eingriff in die Wohnung des Arbeitnehmers, also einen privaten Raum, der grundrechtlich geschützt ist. Eine einseitige Anordnung ist somit nicht möglich.

Mobiles Arbeiten

Das mobile Arbeiten ist ein etwas freieres Modell. Hier ist der Arbeitsplatz – anders als beim Home Office – nicht klar definiert, denn mobiles Arbeiten erlaubt dem Arbeitnehmer, von überall aus zu arbeiten – ob vom Strand, Cafe oder zu Hause. “Räumlich” ist alles möglich, solange er seine Arbeit erbringt.

Bei diesem Modell ist eine einseitige Anordnung grundsätzlich möglich, allerdings vorbehaltlich einer entgegenstehenden arbeitsvertraglichen Regelung. Sie können also einseitig festlegen, dass Ihre Mitarbeiter nicht vom Büro aus arbeiten dürfen, ohne die Einwilligung der Arbeitnehmer einzuholen. Allerdings sind hierbei – wie stets bei Weisungen des Arbeitgebers – die Grenzen „billigen Ermessens“ zu beachten. Dies bedeutet insbesondere, dass die Interessen des Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt werden müssen.

Sie denken über einen Mix von beidem nach? In diesem Artikel finden Sie heraus, ob hybrides Arbeiten zu Ihnen passt.

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Was gibt das Arbeitsrecht vor?

Auch was Ihre Pflichten als Arbeitgeber angeht, gibt es zwischen Home Office und mobilem Arbeiten Unterschiede. Diese Tabelle führt die wichtigsten auf. Detaillierte Erklärungen finden Sie weiter unten.

Home Office

Mobiles Arbeiten

Volle Kostentragung

Teilweise Kostentragung (nach eigenem Interesse)

Gefährdungsbeurteilung

Faktisch eingeschränkte Gefährdungsbeurteilung

Datenschutz beachten

Datenschutz beachten

Versicherung

Versicherung

Kostentragung

Im Home Office hat der Arbeitgeber die Pflicht, alle erforderlichen Kosten für die Ausstattung des Arbeitnehmers zu übernehmen. Das schließt technologisches Equipment genauso ein wie Büromöbel. Empfehlenswert erscheint stets die Vereinbarung einer Pauschale, um so „böse Überraschungen“ zu vermeiden.

Beim mobilen Arbeiten besteht diese Pflicht nicht, da kein fester Arbeitsplatz eingerichtet wird. Allerdings sollte er dem Arbeitnehmer aus eigenem Interesse alle nötigen Utensilien bereitstellen, z. B. einen Laptop, damit er seiner Arbeit bestmöglich nachgehen kann.

Gefährdungsbeurteilung

Die Gefährdungsbeurteilung ist in beiden Fällen nach dem Arbeitsschutzgesetz durchzuführen.

Beim Home Office müssen Sie als Arbeitgeber tatsächlich den Arbeitsplatz zu Hause prüfen, was mit einem enormen Aufwand verbunden ist: Wo und wie sitzt Ihr Arbeitnehmer? Wie sieht der Stuhl aus? Wie die Belichtung und Belüftung?

Beim mobilen Arbeiten wird es schnell noch absurder, denn dieses Modell erlaubt es dem Arbeitnehmer, von überall aus zu arbeiten. Der Arbeitgeber müsste also eigentlich dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer an keinem dieser Arbeitsplätze Gesundheitsgefahren ausgesetzt ist.

Sie merken schon: Nichts von beiden ist wirklich praktikabel. Was also tun? Dr. Philipp Raben rät zu einer Checkliste, die alle wichtigen Punkte des Arbeitsschutzes aufführt und vom Arbeitnehmer unterschrieben wird. Diese Alternative ist zwar nicht 100%-ig rechtssicher, aber sie haben mit überschaubarem Aufwand ein Dokument zur Hand, das Sie der Arbeitsschutzbehörde im Fall einer Kontrolle vorzeigen können.

Alle wichtigen Aspekte zur psychischen Gefährdungsbeurteilung finden Sie hier.

Datenschutz

Das Thema Datenschutz ist bei beiden Modellen relevant, denn die räumliche Trennung entbindet den Arbeitgeber nicht von seiner Verantwortung, personenbezogene Daten z.B. von Arbeitnehmern und Kunden zu schützen.

Der Arbeitgeber sollte also Prozesse schaffen, die ein datenschutzkonformes Arbeiten aus der Ferne garantieren. Wichtige Fragestellungen hierbei sind:

  • Gibt es eine sichere VPN-Verbindung?

  • Wie werden vertrauliche Informationen geteilt, z. B. Passwörter oder Mitarbeiterdaten?

  • Wo werden Unternehmensinformationen gespeichert und mit dem Team geteilt? Wer hat Zugriff auf welche Informationen?

  • Wie werden Kundendaten gesichert? Was dürfen Mitarbeiter in Bezug auf Kundendaten und was nicht?

Die sicherste Variante ist entsprechende (Personal-)Software, denn egal ob CRM-System für Ihr Marketing und Vertriebs-Team, interne Wikis oder HR-Lösungen: Die Anbieter sind verpflichtet, Daten und Prozesse innerhalb der Software rechtssicher zu gestalten.

Versicherung

Die Rechtsprechung zur Versicherung im Home Office ist recht ausdifferenziert. Im Ergebnis ist entscheidend, ob ein „innerer betriebsbezogener Zusammenhang“ zwischen Unfall und Tätigkeit besteht. So besagt ein Gerichtsurteil, dass Mitarbeiter auf dem Weg vom Arbeitsplatz zur Küche nicht versichert sind. Beim Weg zurück (von der Küche zum Arbeitsplatz) sind sie es aber, so ein weiteres Urteil.

Beim mobilen Arbeiten gibt noch keine relevante Rechtsprechung zu diesem Punkt. Es bleibt abzuwarten, ob wirklich jeder Platz, von dem aus mobil gearbeitet wird, versichert ist. Im Hinblick auf die Abgrenzungskriterien wird man sich derzeit an die Kriterien aus der Rechtsprechung zum Home Office orientieren.

Arbeiten aus dem Ausland

Auch der Wunsch, aus dem Ausland zu arbeiten, wird von vielen Arbeitnehmern immer lauter. Doch wie lassen sich Home Office und Ausland vereinen – vor allem aus Compliance-Sicht? Hier sind unterschiedliche Konstellationen zu unterscheiden, insbesondere zwischen vorübergehender und dauerhafter Arbeit aus dem Ausland sowie einem Einsatz innerhalb bzw. außerhalb der EU. Je nach Art und Weise des Einsatzes sind in den Bereichen Datenschutz, Sozialversicherung und Steuern unterschiedliche Themen relevant.

Im Grunde schließen sich sich Home Office und Ausland eher aus, sagt der Arbeitsrecht-Experte. Denn bei diesem Modell müssten Sie sich als Arbeitgeber ein persönliches Bild vom Arbeitsplatz machen, denn Sie sind auch in diesem Fall für den Arbeitsschutz verantwortlich. Während das Inlands noch irgendwie machbar wäre, haben die meisten Unternehmen nicht die personellen und finanziellen Ressourcen, um den Arbeitsplatz von Mitarbeitern im Ausland zu prüfen.

Die Alternative: Vereinbaren Sie mobiles Arbeiten. Das gibt Ihnen mehr Flexibilität als beim Home Office, denn hier müssten Sie die von der Rechtsprechung genau festgelegten Voraussetzungen erfüllen. Insbesondere bestehen bei Gefährdungsbeurteilung via Checkliste geringere Risiken.

Mobiles Arbeiten aus dem Ausland setzt eine gute Planung voraus – im Ergebnis empfiehlt sich die Entwicklung einer passgenauen Lösung bzw. einer Risikomatrix gemeinsam mit einem fachkundigen Rechtsanwalt.

Dr. Philipp Raben, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Osborne Clarke

5 Tipps für die Einführung von Home Office / Mobilem Arbeiten

Ob Home Office oder mobiles Arbeiten – ob im Inland oder Ausland: Diese fünf Punkte sollten Sie laut Dr. Philipp Raben auf jeden Fall beachten.

Eine zusätzliche Vertragsvereinbarung ist in beiden Fällen sinnvoll. Diese kann bei Neuzugängen direkt Teil des Anstellungsvertrags sein oder bei bestehenden Mitarbeitern über eine Vertragsergänzung geschlossen werden.

  • Vereinbaren Sie Pauschalen für die Ausstattung. Dies ist im Home Office sogar zwingend nötig, denn sonst müssen Sie im Extremfall die gesamte Büroausstattung bezahlen.

  • Decken Sie den Bereich “Arbeitsschutz” über eine unterschriebene Checkliste ab: Wie sollte der Raum aussehen bzw. gestaltet sein? Welcher Stuhl und welcher Tisch empfehlen sich? Wie hell sollte es sein?

  • Schulen Sie Ihre Mitarbeiter in Bezug auf Datenschutzrichtlinien, z. B. ebenfalls über eine Checkliste oder interne Trainings für alle Mitarbeiter.

  • Ruhe-/Arbeitszeiten sollten eingehalten werden. Der Arbeitnehmer sollte nicht 24/7 abrufbar sein.

  • Fazit: Mobiles Arbeiten ist das flexiblere Home Office

Corona ist und bleibt ein Veränderungsbeschleuniger – auch, was die Arbeit außerhalb des Büros betrifft. Für viele Unternehmen steht der (langfristige) Umzug ins Home Office auf dem Plan. Wer hier als Arbeitgeber Aufwand sparen und gleichzeitig rechtssicher aufgestellt sein will, sollte die Arbeit jenseits des Büros als mobiles Arbeiten deklarieren. Das macht Sie bei der Umstellung auf Remote Work flexibler und entlastet Sie zum Teil von den strengeren Pflichten, die Sie beim Home Office erfüllen müssen.

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