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Psychologische Sicherheit im Team: Tipps, wie man sie fördert
Woran liegt es, dass einige Teams erfolgreicher sind als andere? Dass sie innovativer sind und offener miteinander umgehen? Die Forschung hat hierfür einen zentralen Faktor identifiziert: psychologische Sicherheit. Wie erklären Ihnen in diesem Artikel alles über diese wichtige Eigenschaft von erfolgreichen Teams.
Fördern Sie mit diesem Leitfaden eine Kultur mit psychologischer Sicherheit.Inhalt
- 1Definition: Das bedeutet psychologische Sicherheit
- 2Warum ist psychologische Sicherheit wichtig?
- 3Wie entsteht psychologische Sicherheit?
- 4Wie Führungskräfte und HR psychologische Sicherheit fördern können
- 5Keine agilen Methoden ohne psychologische Sicherheit
- 6Ist Ihre Arbeitsatmosphäre psychologische sicher? So finden Sie es heraus
Nicht jeder tut sich leicht damit, etwas im Job anzusprechen – sei es ein Problem, ein Fehler, oder sogar eine Idee zur Verbesserung. Oftmals haben Angestellte die Sorge, dass Vorgesetzte oder Teammitglieder sie deswegen kritisieren oder abstrafen. Doch es gibt auch Arbeitsumfelder, in denen es gelebte Praxis ist, Unangenehmes zu adressieren oder neue Impulse einzubringen. Hier herrscht eine Atmosphäre der psychologischen Sicherheit.
Definition: Das bedeutet psychologische Sicherheit
Psychologische Sicherheit besteht in einer Arbeitsatmosphäre, in der Kolleg:innen offen sein, Fehler zugeben, Kontra geben und Fragen stellen können – und zwar ohne, dass es negative Konsequenzen für sie hat.
Der Ansatz der psychologischen Sicherheit geht auf Harvard-Professorin Amy Edmondson zurück, die schon seit 1999 Beiträge zu diesem Thema veröffentlicht. Seit ein paar Jahren ist das Thema auch in der breiteren Öffentlichkeit angekommen.
Das bedeutet nicht, dass es bei Diskussionen immer harmonisch zugeht oder alle Teammitglieder permanent nett zueinander sind. Vielmehr geht es um folgende Faktoren:
Die Teammitglieder vertrauen sich gegenseitig.
Man kann sich offenes und ehrliches Feedback geben.
Alle bekommen den Raum, sich mit ihrer Meinung einzubringen.
Die Kolleg:innen teilen Informationen offen miteinander.
Es herrscht eine positive Fehlerkultur – Fehler sind eine Chance zum Lernen und wenn man etwas Neues ausprobiert, ist es ok, wenn es scheitert.
Man kann um Unterstützung bitten, ohne dass die eigenen Skills oder Kenntnisse infrage gestellt werden.
Ist genau das Gegenteil in Teams der Fall, spricht man auch von psychologischer Unsicherheit. In so einem Arbeitsumfeld fehlt gegenseitiges Vertrauen und die Teammitglieder versuchen, ihre Fehler zu verbergen, denn sie werden nicht als Chance zum Lernen sondern als Schwäche gesehen. Außerdem haben sie haben permanent Angst, bestraft oder bloßgestellt zu werden.
Ist psychologische Sicherheit nicht einfach Vertrauen?
Auf den ersten Blick klingt psychologische Sicherheit nach „simplen“ gegenseitigem Vertrauen. Doch Vertrauen bezieht sich auf ein anderes Individuum, und psychologische Sicherheit auf die Gruppe und den Glauben an die geteilten Prinzipien und Normen.
Warum ist psychologische Sicherheit wichtig?
Psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz hat immense positive Auswirkungen auf das Unternehmen, Teams und Mitarbeiter:innen. Diese Effekte zeigen, warum es so wichtig ist, dass sich Teammitglieder psychologisch sicher fühlen:
Bedeutende Effekte psychologischer Sicherheit
Gesteigerte Lerneffekte Indem Mitglieder psychologisch sicherer Teams offen über ihre Fehler sprechen, lernen sie als Gruppe aus diesen und können ihre Erkenntnisse in die nächsten Projekte und Aufgaben einbringen. Außerdem behalten sie ihr Wissen nicht für sich, um ggf. Vorteile gegenüber den anderen zu haben, sondern teilen Informationen offen miteinander. Lebenslanges Lernen ist also in einem psychologisch sicheren Arbeitsumfeld kein leeres Buzzword.
Höheres Potenzial für Innovation Teams, die in einem psychologisch sicheren Umfeld arbeiten, sind innovativer. Denn sie haben keine Scheu, Dinge auszuprobieren und alte Muster zu hinterfragen. Wenn sie mit einer Idee scheitern, werden sie ermuntert weiterzumachen. Dadurch sind sie generell risikofreudiger und kreativer.
Positive Arbeitseinstellung Fehlt psychologische Sicherheit im Team, herrscht ein unterschwelliger Druck und die Teammitglieder können sogar Angstzustände entwickeln. Psychologische Sicherheit hingegen senkt die Stresslevel deutlich. Die Mitarbeiter:innen müssen keine Gefühle unterdrücken, sondern können ganz sie selbst sein. Sie fühlen sich wertgeschätzt, weil sie mit ihrer Meinung gehört werden. Damit steigt ihre Zufriedenheit und ihr allgemeines Wohlbefinden. Und das sind wichtige Grundlagen für ein höheres Commitment und eine gesteigerte Performance.
Mehr Effektivität und stärkere Zukunftsfähigkeit des Unternehmens Da Teams, die sich psychologisch sicher fühlen, ständig Neues dazu lernen, verbessern sich ihre Ergebnisse. Indem sie Probleme klar ansprechen, können sie bspw. langwierige oder überflüssige Prozesse über Bord werfen. Der Effekt: Eine höhere Effektivität im Unternehmen. Und da psychologische Sicherheit ein optimaler Nährboden für Innovationen ist, wirkt sie sich auch positiv auf die Zukunftsfähigkeit des Business aus.
Psychologische Sicherheit – Google‘s Aha-Ergebnis zu erfolgreichen Teams 2016 machte sich Google auf die Suche nach dem Erfolgsfaktor hinter high performing Teams. Das Ergebnis ihres „Project Aristotle“: Nicht etwa die Fähigkeiten oder die Leistung einzelner Teammitglieder, sondern wie sie miteinander interagieren, steigert die Effektivität der Gruppe signifikant.
Wie entsteht psychologische Sicherheit?
Psychologische Sicherheit bezieht sich auf das gesamte Team – es reicht nicht nur aus, dass sich einzelne Kolleg:innen vertrauen und offen miteinander umgehen. Im Team sind alle voneinander abhängig – sie müssen zusammenarbeiten, um die eigenen und die organisatorischen Ziele zu erreichen. Ob Mitarbeiter:innen ein Arbeitsumfeld als psychologisch sicher wahrnehmen, hängt daher davon ab, wie die gesamte Gruppe miteinander interagiert, wie intensiv sie sich austauscht, wie gut die Beziehungen untereinander sind und ob man sich unterstützt und vertraut.
Psychologische Sicherheit ist also eine Eigenschaft von einzelnen Teams und weniger vom gesamten Unternehmen. Es könnte durchaus der Fall sein, dass psychologische Sicherheit in einigen Teams im Unternehmen vorhanden ist, in anderen wiederum nicht. Das liegt oft an der jeweiligen Führungskraft.
Die HR-Abteilung kann jedoch eine zentrale Rolle einnehmen, psychologische Sicherheit über das Unternehmen hinweg zu stärken, indem sie Führungskräfte befähigt und anleitet: Zum einen kann sie in Führungsleitbildern oder -grundsätzen klar festhalten, dass von Manager:innen erwartet wird, dass sie Rahmenbedingungen für psychologische Sicherheit schaffen. Zum anderen kann sie Teamleiter:innen in Leadership Trainings konkret darin schulen, wie sie psychologische Sicherheit herstellen. Wie das klappt, verraten wir Ihnen jetzt.
Wie Führungskräfte und HR psychologische Sicherheit fördern können
Führungskräfte sind ein riesiger Hebel, um eine psychologisch sichere Arbeitsatmosphäre in ihren Teams herzustellen. Wir haben dafür einige Tipps:
Erstmal klein anfangen: Damit die Teammitglieder sich daran gewöhnen, sich gegenseitig zu hinterfragen und Probleme und Ideen offen anzusprechen, können Sie hierfür einen festen Agendapunkt in Ihren Meetings etablieren.
Gehen Sie wertschätzend mit den Bedenken, Ideen und Fragen Ihrer Mitarbeiter:innen um. Bedanken Sie sich dafür, dass sie diese eingebracht haben und zeigen sie echtes Interesse für den Input und die Emotionen der Teammitglieder. Das gilt insbesondere für kritische Anmerkungen!
Ermuntern Sie das Team zur Diskussion, indem sie aktiv Feedback einholen. Schließen Sie dabei auch zurückhaltendere Mitarbeiter:innen ein und erkundigen Sie sich nach ihrer Meinung.
Sorgen Sie für ein respektvolles Klima: Für Amy Edmondson ist die goldene Regel für psychologische Sicherheit: „Behandle andere Menschen so, wie du selber behandelt werden möchtest!“. Beobachten Sie als Führungskraft Verhalten von einzelnen Mitgliedern des Teams, das ein offenes und vertrauensvolles Miteinander verhindert, sollten Sie bestimmt aber respektvoll eingreifen.
Kommunizieren Sie auch als Führungskraft auf Augenhöhe mit Ihren Mitarbeiter:innen.
Nehmen Sie sich selbst zurück und geben Sie Verantwortung in Ihr Team. Dieser partizipative Führungsstil ermuntert dazu, an Entscheidungsprozessen im Unternehmen teilzunehmen, sie zu hinterfragen und Ideen einzubringen.
Seien Sie ansprechbar und nahbar, sodass Ihre Mitarbeiter:innen sich jederzeit mit Problemen an Sie wenden können.
Etablieren Sie „Retrospektiven“, in denen Sie im Team offen darüber sprechen, was im letzten Sprint bzw. Monat gut lief, was weniger gut und was es braucht, damit sich das bessert.
Zu guter Letzt Ihr wirkungsvollstes Instrument: Ihr eigenes Verhalten. Führungskräfte gehen als Vorbilder voran. Leben Sie also genau das Verhalten vor, das es für psychologische Sicherheit braucht: Seien Sie offen und transparent. Geben Sie zu, wenn Sie Dinge mal nicht wissen. Teilen Sie Ihre Fehler mit den Teammitgliedern.
Neben den schon erwähnten Führungsleitbildern und -trainings kann auch HR psychologische Sicherheit mit weiteren Ansätzen fördern. Hier ein paar Ideen:
Weniger Hierarchien sorgen für ein höheres Maß an Selbstorganisation und regen damit an, dass Mitarbeiter:innen sich aktiv einbringen können – eine wichtige Rahmenbedingung für psychologische Sicherheit. Diese fördern Sie also indem Sie Hierarchien abbauen und ggf. sogar partizipative Organisationsformen wie Holacracy einführen.
Etablieren Sie unternehmensweite, regelmäßige Fuck-Up Nights, in denen Mitarbeiter:innen und Manager:innen offen über Ihre Fehler sprechen und teilen, was sie daraus gelernt haben.
Führen Sie zentrale Upward-Feedback-Prozesse ein, die anregen, dass Mitarbeiter:innen Feedback zum Team und insbesondere zu ihren Führungskräften einbringen.
Keine agilen Methoden ohne psychologische Sicherheit
Agile Methoden sind längst nicht mehr nur in Tech-Teams zu finden. Mittlerweile arbeiten in vielen Organisationen verschiedenste Teams selbstorganisiert nach agilen Methoden wie Scrum oder Kanban. Agil zusammenzuarbeiten bedeutet unter anderem, dass das Team Prozesse und Herangehensweisen ständig hinterfragt, sie anpasst und sich kontinuierlich über den Aufgabenstatus und Erkenntnisse auf dem Laufenden hält. Das ermöglicht ihnen ständig dazuzulernen, effektiver in der Zusammenarbeit zu werden und bessere Ergebnisse zu erzielen.
All das geht nicht ohne psychologische Sicherheit im Team. Müssen Mitarbeiter:innen Angst haben, dass es negative Konsequenzen für sie hat, wenn sie sich offen austauschen, sich kritisch mit Dingen auseinandersetzen, Fehler machen und Informationen miteinander teilen, funktionieren agile Methoden schlichtweg nicht.
Ist ein Arbeitsumfeld grundsätzlich psychologisch sicher, können agile Methoden aber dazu beitragen, die psychologische Sicherheit weiter zu steigern. Ein agiles Mindset umfasst zum Beispiel schon einige der eben genannten Tipps für psychologisch sichere Rahmenbedingungen.
Ist Ihre Arbeitsatmosphäre psychologische sicher? So finden Sie es heraus
Ob sich das eigene Team psychologisch sicher fühlt, können Sie mithilfe eines Fragebogens von Amy Edmondson herausfinden. Dazu sollten alle Teammitglieder die Fragen des “Psychological Safety Index“ auf einer Skala von 1 (stimme überhaupt nicht zu) bis 5 (stimme voll und ganz zu) beantworten:
Wenn Du in diesem Team einen Fehler machst, wird das oft gegen dich verwendet. |
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Mitglieder dieses Teams sind in der Lage, Probleme und schwierige Themen anzusprechen. |
Personen in diesem Team lehnen manchmal andere dafür ab, dass sie anders sind. |
Es ist sicher, ein Risiko in diesem Team einzugehen. (Gemeint ist ein soziales Risiko, z.B. eine ungewöhnliche Idee vorzustellen, ohne zu wissen wie die anderen Teammitglieder darauf reagieren). |
Es ist schwierig, andere Teammitglieder um Hilfe zu fragen. |
Niemand in diesem Team würde absichtlich auf eine Art handeln, die meine Anstrengungen untergräbt. |
In der Zusammenarbeit mit den Mitgliedern dieses Teams werden meine einzigartigen Skills und Talente geschätzt und genutzt. |
Quelle: Psychological Safety Index von Amy Edmondson ins Deutsche übersetzt von innosuisse-Projekt miPS (micro interventions for Psychological Safety).
Entweder Sie ermitteln anschließend den Meridian, oder Sie tauschen sich gemeinsam über die Ergebnisse aus. Und das kann auch schon ein erster Schritt sein, um Ihr Team zu einem psychologisch sicheren zu machen.