Probearbeiten folgt strengen Regeln – was Arbeitgeber beachten müssen

Probearbeiten: Was HR beachten muss

Sie können sich nicht zwischen zwei Bewerbern entscheiden und laden beide zum Probearbeiten an? Dann sollten Sie sich schleunigst mit den rechtlichen Rahmenbedingungen auseinandersetzen. Wussten Sie zum Beispiel, dass Sie ein Arbeitsverhältnis einleiten, wenn Sie für die Probearbeit Gehalt zahlen?

In diesem Artikel erfahren Sie, worauf Sie beim Probearbeiten achten müssen und wie Sie rechtssicher handeln.

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Definition Probearbeiten

Das Probearbeiten ist kein Arbeits-, sondern ein sogenanntes Einfühlungsverhältnis. Es dient dazu, dass sich Arbeitgeber und Probearbeitender bzw. Bewerber kennenlernen und herausfinden, ob der Kandidat zum Unternehmen oder der ausgeschriebenen Stelle passt.

In diesem Fall initiieren Bewerber oder Arbeitgeber eine Probearbeitszeit, die in der Regel nur wenige Tage dauert. Dabei soll der Bewerber zwar einen Einblick in den Arbeitsalltag erhalten, darf aber im Unternehmen nicht mit anpacken. Als Ersatz-Arbeitskraft dient er nämlich keineswegs.

Ein Kandidat kann das Probearbeiten seinerseits zum Hineinschnuppern in eine Organisation nutzen.

Unterschied zwischen Probearbeit und Probezeit

Anders als vor der Probezeit, wird beim Probearbeiten kein Arbeitsvertrag abgeschlossen. In der Regel gibt es eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Bewerber, die auch schriftlich dokumentiert ist.

Die Vorteile von Probearbeiten

Als Zwischenschritt im Bewerbungsprozess bietet das Probearbeiten die Möglichkeit, die Arbeitsweise und Persönlichkeit des Kandidaten näher kennen zu lernen. Dabei kann ein Unternehmen durchaus mehrere Bewerber einladen, sollte es diverse Favoriten für eine Position geben.

Wichtig: Dem Kandidaten darf der Arbeitgeber keine Weisungen erteilen – er hat kein Direktionsrecht, wie es fachsprachlich heißt, sondern nur ein Hausrecht. Das bedeutet, der Arbeitnehmer hat Zugang zu den betrieblichen Räumen, sofern es zur Erfüllung der Arbeitsleistung nötig ist. Zur Bezahlung ist das Unternehmen nicht verpflichtet, vorausgesetzt es hält sich an ein paar wichtige Spielregeln.

Anders als bei einem Bewerbungsgespräch oder auch bei einer Case Study kann der Arbeitgeber den Kandidaten in unterschiedlichen Situationen erleben: bei der Lösung konkreter Aufgaben, im Umgang mit Kollegen oder in sozialen Situationen. Dabei bekommt er nicht nur ein Gespür für die fachlichen Kompetenzen des Kandidaten, sondern kann auch besser einschätzen, ob es kulturell passt.

Umgekehrt gilt für den Arbeitnehmer: Das Einfühlungsverhältnis eröffnet dem Bewerber die Möglichkeit, den Arbeitsplatz bzw. eine ausgewählte Arbeit dort kennen zu lernen. Der Bewerber soll ein Gespür für die Voraussetzungen für den Job und die Art der Zusammenarbeit bekommen und sich dabei schon mal einbringen.

Immer im Blick, wer gerade in Probearbeit ist

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Was sagt das Arbeitsrecht zum Probearbeiten?

Probearbeiten ist und soll für den Arbeitgeber unverbindlich sein. Es geht ums Kennenlernen und Abwägen, ob eine Zusammenarbeit für beide Seiten Sinn machen könnte.

Zulässige Dauer von Probearbeit

Der Gesetzgeber gibt für das Probearbeiten keine Höchstgrenze vor. Mehr als eine Woche sollten Sie Bewerber jedoch nicht zum Probearbeiten bitten. Kürzere Zeiträume wie ein paar Stunden am Vor- oder Nachmittag sind die sicherste Variante. Zudem sollte der Bewerber an einem Probetag Pausen einhalten und keine Extrastunden leisten.

Ob und wann der Bewerber im Unternehmen erscheint und wie lange er bleibt, darf er selbst bestimmen. Er hat sich nicht an einen Dienstplan zu halten.

Bleibt ein Bewerber für längere Zeit zum Probearbeiten im Unternehmen, könnte daraus ein Arbeitsverhältnis mit diversen Arbeitgeber-Pflichten entstehen.

Zulässige Aufgaben beim Probearbeiten

Aufgaben, die von angestellten Mitarbeitern erledigt werden, sollte der Bewerber nicht übernehmen – höchstens Teile davon. Auch hier gibt es keine klare Grenzziehung, immerhin ist so etwas individuell und abhängig von der Branche, der Abteilung, der Kultur etc.

Der Bewerber ist völlig frei darin, Arbeiten zu übernehmen.

Selbstständig muss er Aufgaben nicht erledigen. Vielmehr sollte der Bewerber von einem Angestellten an die Hand genommen und unverbindlich an Inhalte und Aufgaben herangeführt werden. An Probetagen sollten Kandidaten mitlaufen, mehr nicht.

Dazu ein Beispiel: Ein Bewerber, der in der Sales-Abteilung Probe arbeitet, darf in Kundengespräche mitgehen und auch zuhören. Er darf aber selbst keine Verkaufsgespräche führen.

Auch das Tragen von Dienstkleidung und das Aufsuchen bestimmter Arbeitsorte hat beim Probearbeiten nichts verloren; vielmehr könnten das Indizien für einen Arbeitsvertragsabschluss sein, der Arbeitgeberpflichten nach sich zöge.

Lieber sollten Sie dem Bewerber Teile bei einer zeitlich begrenzten Aufgabe übertragen, bei der er das Team unterstützt, diese aber nicht vollständig erledigt.

Zu Beginn des Probearbeitens sollten Sie als Arbeitgeber den Bewerber darauf hinweisen, dass er zu keiner Arbeitsleistung verpflichtet ist.

Muss Probearbeiten bezahlt werden?

Für Probearbeiten muss der Arbeitgeber zwar keinen Lohn zahlen, er kann aber eine freiwillige Aufwandsentschädigung gewähren. Dazu gehören Fahrtkosten oder Kosten für die Verpflegung.

Möchte ein Unternehmen eine

Übrigens: Auch der Mindestlohn gilt für Probearbeiten nicht.

Bezahlung während der Probearbeit einklagen

Wenn der Bewerber in die Abläufe im Unternehmen integriert wird und nicht mehr nur "schnuppert”, sondern einen wirklichen Beitrag leistet, kann der Bewerber vor Gericht ein Gehalt für seine erbrachte Arbeit erstreiten. Dafür braucht er keinen schriftlichen Vertrag. Die Idee dahinter ist, Arbeitnehmer vor Ausbeutung zu schützen.

Übersteigen die Tätigkeiten und Anweisungen des Chefs die Kriterien eines Einfühlungsvermögens (der Bewerber erledigt Aufgabenpakete komplett und selbständig, der Bewerber ist über einen mehrmonatigen Zeitraum im Unternehmen, der Bewerber erhält einen Lohn), dann kann das Gericht das Arbeitsverhältnis als stillschweigenden Abschluss eines Arbeitsvertrags werten.

Risiken für den Arbeitgeber

Sollte ein Arbeitgeber seine Rechte (wie er den Bewerber anweist, welche Auflagen er für das Probearbeiten festlegt, wie er den Bewerber schließlich behandelt) missbrauchen, dann könnte das vom Arbeitsgericht als Arbeitsvertragsabschluss gewertet werden.

Indizien für einen Missbrauch wären:

  • Der Bewerber muss zu bestimmten Arbeitszeiten erscheinen.

  • Der Bewerber übt – ähnlich wie die angestellten Arbeitnehmer – immer wieder konkrete Tätigkeiten aus, die ihm Vorgesetzte auferlegen.

  • Der Bewerber erwirtschaftet Gewinn für das Unternehmen.

  • Der Bewerber muss zu bestimmten Arbeitsorten kommen.

  • Der Bewerber muss Dienstkleidung tragen.

  • Der Arbeitgeber vereinbart mit dem Bewerber eine Vergütung.

Als Personalverantwortliche sollten Sie Vorgesetzte über diese Vorgaben aufklären und überprüfen, ob sie eingehalten werden. Denn ein Arbeitsvertrag, der unbeabsichtigt zustande kommt, kann unangenehme Folgen haben.

Sollte der Bewerber in einem Rechtsstreit nachweisen können, dass sein Probearbeiten eher ein Arbeitsverhältnis war, dann muss der Arbeitgeber die geleistete Arbeitszeit entlohnen.

Stressiges Bewerbermanagement? Es geht auch anders…

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Probearbeit absichern

Um sich abzusichern, können Arbeitgeber die Zeit protokollieren und die genauen Tätigkeiten des Probearbeitenden notieren.

Damit kann ein Unternehmen das Probearbeiten vom normalen Arbeits- oder Praktikantenverhältnis abgrenzen.

Tipp: Gehen Sie auch verbal immer wieder auf das Einfühlungsverhältnis ein, sprich: nicht von Pflichten sollte die Rede sein, sondern vom “Beschnuppern” und Kennenlernen.

Das gehört in die Vereinbarung zum Probearbeiten

  • Vor- und Nachname des Bewerbers

  • Ort der Probearbeit

  • Zeitraum der Probearbeit

  • Hinweis darauf, dass der Bewerber nicht zu Arbeitsleistung verpflichtet ist

  • Ansprechpartner für den Bewerber

  • Vermerk, dass beide Seiten die Probearbeit zu jedem Zeitpunkt beenden können (mündlich)

  • Hinweis, dass kein Lohn gezahlt wird

Ein solches Schreiben legen Sie digital und zentral ab, sodass Sie zu einem späteren Zeitpunkt – etwa, wenn der Kandidat eingestellt wird – auf diese Informationen zugreifen können. Der Vorteil: Sie erhalten einen Überblick darüber, in welchen Abteilungen Probearbeiten Sinn macht und sammeln Daten darüber, wie oft eine solch lose Beziehung in ein Arbeitsverhältnis mündet.

Vorsicht: Nur weil Sie als Arbeitgeber ein solches Dokument aufsetzen, heißt das nicht, dass Sie auf der sicheren Seite sind. Sie müssen auch einlösen, was Sie (schriftlich) festgehalten haben. Eine Vereinbarung allein genügt nicht als Beweis.

Heißt: Wenn Sie schriftlich fixieren, dass die Probearbeitszeit nur wenige Stunden an drei Tagen beinhaltet und dann bitten Sie als Arbeitgeber den Bewerber täglich zu kommen und acht Stunden zu bleiben, werden Sie an Ihrem Handeln und nicht an Ihrem schriftlichen Versprechen gemessen.

Muss der Arbeitgeber Probearbeiten anmelden?

Solange kein Arbeitsvertrag zustande kommt, muss der Arbeitgeber Probearbeiten nicht anmelden – nicht beim Finanzamt und nicht bei den Sozialversicherungsträgern. Diese Pflicht hat er nur bei Mitarbeitern.

Die Rolle des Arbeitsamts beim Probearbeiten

Sollte der Bewerber aktuell staatliche Leistungen beziehen, und bei der Arbeitsagentur oder beim Jobcenter gemeldet sein, brauchen Sie als Arbeitgeber für das Einfühlungsverhältnis eine Genehmigung. Die sollten Sie vor Antritt bei der zuständigen Institution beantragen.

In einigen Fällen unterstützen diese Institutionen Probearbeiten, nämlich im Rahmen einer Maßnahme zur beruflichen Wiedereingliederung. Das gilt allerdings nur, wenn der Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag in Aussicht stellt. In so einem Fall hat Probearbeiten den Zweck, die fachlichen und sozialen Kompetenzen des Kandidaten vor der Einstellung zu überprüfen. In dieser Phase wäre der Bewerber dann durch die zuständige Agentur sozialversichert.

Probearbeiten: Versicherung des Bewerbers

Bei einem Einfühlungsverhältnis ist der Bewerber nicht sozialversicherungspflichtig. Außer es entsteht ein Arbeitsverhältnis – dann greift, was beim herkömmlichen Mitarbeiter greift: Das Unternehmen zahlt Lohn und hat Abgaben für die Versicherung zu leisten.

Sollte das Unternehmen zu Schaden kommen, weil der Probearbeitende einen Fehler macht, greift dessen private Haftpflichtversicherung.

Hat der Bewerber beim Probearbeiten beispielsweise einen Unfall, greift der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung in der Regel nicht. Anders ist es bei Arbeitslosen: Diese sind unter bestimmten Voraussetzungen gesetzlich unfallversichert. Das ist dann der Fall, wenn die Arbeitsagentur sie zum Probearbeiten geschickt hat.

So sagen Sie einem Bewerber nach dem Probearbeiten ab

Wenn Sie eine Absage für einen Bewerber verfassen, seien Sie korrekt, professionell und empathisch und kommunizieren Sie zeitnah. Das ist nur fair, zumal der Bewerber seine Zeit investiert hat, um den Arbeitsalltag und das Team besser kennenzulernen.

In diesem Artikel finden Sie weitere Tipps und Muster für die Absage eines Bewerbers.

Außerdem ist in Zeiten von transparenter Arbeitgeberbewertung à la Glassdoor und kununu wichtig, dass der Probearbeitende einen guten Eindruck vom Unternehmen erhält. Sie stärken auf diesem Weg Ihre Employer Brand.

Setzen Sie sich als Personaler mit den zuständigen Fachkollegen zusammen und holen Sie Feedback über den Bewerber ein. Im besten Fall haben Sie bereits eine Dokumentation, die zentral abgelegt ist.

Wenn Ihr Bewerbermanagement digital ist, erhalten Sie die wichtigsten Informationen dort: Welche Abteilung, welche Aufgaben, welcher Zeitraum ist dem Bewerber zugeordnet? Basierend darauf können Sie ein Schreiben aufsetzen, das Sie mit der Fachabteilung abstimmen. Ein Beispiel für ein solches Schreiben:

Feedback zum Probearbeiten zwischen dem {Startdatum} und {Enddatum}

Lieber {Name},

vielen Dank für deinen Einsatz bei uns im Unternehmen in der Zeit vom {Zeitraum}.

Dein Interesse und dein Engagement hat uns gut gefallen. Nach intensivem Austausch mit der Fachabteilung müssen wir dir jedoch leider mitteilen, dass wir nach dem Probearbeiten keine weitere Möglichkeit der Zusammenarbeit sehen.

Falls du Fragen dazu hast, dann melde dich gerne jederzeit telefonisch oder per E-Mail bei uns.

Für deinen weiteren beruflichen Weg wünschen wir dir alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen.

Sabine Mustermann Personalmanagerin bei Wunder HR

Rufen Sie den Kandidaten an. Der Bewerber hat sich für das Probearbeiten Zeit genommen, ist evtl. extra dafür angereist und hat sich damit auch einer mentalen Stresssituation unterzogen. Es wäre von Ihrer Seite aus nur fair, sich telefonisch bei dem Kandidaten zu melden und ihm mündlich abzusagen.

Probearbeit mühelos tracken

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