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Freizeitausgleich in der Praxis: Regelungen und Vorteile
Kürzere Arbeitszeiten und eine verbesserte Work-Life-Balance – das wünschen sich Arbeitnehmer:innen laut IAB-Forschungsbericht. Doch nicht immer gehen Arbeitnehmerwünsche und Unternehmensalltag konform: Allein im Jahr 2021 leisteten 4,5 Millionen Arbeitnehmende Überstunden für ihr Unternehmen. Und genau an diesem Punkt setzt das Prinzip des Freizeitausgleichs an. Dieser leistet dem Wunsch nach mehr Freizeit und Flexibilität Genüge, ohne dabei die unternehmerischen Ziele aus den Augen zu verlieren. Wie der Freizeitausgleich funktioniert, welche weiteren Vorteile er bietet und was es bei der Umsetzung zu beachten gibt, lesen Sie im Folgenden.
Key Facts
Überstunden oder Mehrarbeit können durch einen sogenannten Freizeitausgleich abgegolten werden.
Damit ein Freizeitausgleich infrage kommt, dürfen keine anderweitigen arbeits- oder tarifvertraglichen Vereinbarungen vorliegen.
Erkranken Arbeitnehmende während des Freizeitausgleichs, liefert dies keine Rechtfertigung dafür, den Freizeitausgleich auf einen anderen Termin zu verschieben.
Die Entscheidung darüber, wann Mitarbeiter:innen ihre Überstunden abbauen dürfen, obliegt letztendlich dem Arbeitgeber.
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Grundverständnis von Freizeitausgleich
Freizeitausgleich ist nicht mit Urlaubstagen gleichzusetzen, sondern bezeichnet in erster Linie das „Abfeiern von Überstunden“: Man gewährt Mitarbeiter:innen zusätzliche Freizeit, um auf diesem Weg angehäufte Mehrarbeit oder Überstunden wettzumachen.
Die allgemeinen werktäglichen Arbeitszeiten sind durch das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) festgelegt und dürfen – gemäß § 3 – nicht mehr als 8 Stunden pro Tag betragen. Eine Erweiterung auf maximal 10 Stunden ist möglich, wenn innerhalb von sechs Monaten bzw. 24 Wochen der tägliche Acht-Stunden-Durchschnitt wiederhergestellt wird.
Eine Überschreitung der werktäglichen Arbeitszeiten führt zu Mehrarbeit, während man von Überstunden spricht, wenn mehr Stunden geleistet werden als arbeits- oder tarifvertraglich festgeschrieben.
Freizeitausgleich bei Überstunden und Sonderfällen
Die Abgeltung von Überstunden oder Mehrarbeit durch Freizeitausgleich ist an gewisse Rahmenbedingungen gebunden und von Fall zu Fall unterschiedlich auszulegen:
Regelungen zum Freizeitausgleich bei Sonntagsarbeit
Grundsätzlich gilt: Nur ausgewählte Arbeitnehmer:innen dürfen an Sonntagen beschäftigt werden. Des Weiteren sind die bestehenden Höchstarbeitsgrenzen auch im Rahmen von Sonntagsarbeit einzuhalten. Wurde Sonntagsarbeit geleistet, besagt § 11 ArbZG, dass Arbeitnehmenden ein Ersatzruhetag zu gewähren ist. Dieser hat innerhalb von zwei Wochen zu erfolgen.
Gut zu wissen: Bei Feiertagsarbeit muss der Ersatzruhetag innerhalb von acht Wochen gewährt werden. Voraussetzung ist, dass jener Feiertag auf einen Werktag gefallen ist.
Besonderheiten: Fortbildung am Wochenende
Nehmen Angestellte auf Weisung des Arbeitgebers an einer Fortbildung teil, handelt es sich hierbei um Arbeitszeit. So hat es das EuGH-Urteil vom 28. Oktober 2021 (C-909/19) bestätigt. Auch bei Fortbildungen am Wochenende besteht somit ein Anrecht auf das volle Gehalt bzw. auf einen Freizeitausgleich.
Umgang mit Freizeitausgleich bei Krankheit
Arbeitnehmende, die an einem Urlaubstag krank werden, haben im Regelfall das Recht, diesen zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. Anders verhält es sich jedoch beim Freizeitausgleich. Die zum Zwecke des Ausgleichs „abgefeierten“ Überstunden werden im Krankheitsfall nicht gutgeschrieben und verfallen in der Folge.
Freizeitausgleich und Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit
In der Regel dürfen Arbeitgeber ihre Arbeitnehmenden keineswegs dazu verpflichten, während der Freizeit erreichbar zu sein. Sobald sich Arbeitnehmende also in den Freizeitausgleich verabschiedet haben, besteht seitens des Arbeitgebers keinerlei Anrecht auf Erreichbarkeit.
Lesetipp: So erstellen Sie Arbeitsanweisungen!
Vor- und Nachteile des Freizeitausgleichs
Der Freizeitausgleich soll sich nach Möglichkeit für Arbeitnehmende und Arbeitgeber gleichermaßen als nutzbringend und vorteilhaft erweisen. Somit ist vorweg zu ermitteln, unter welchen Bedingungen er sich für Ihr Unternehmen und für Ihre Arbeitnehmenden rentiert.
| Arbeitnehmer:innen | Arbeitgeber |
Nachteile | kein Weisungsrecht bezüglich des Termins zum Freizeitausgleich unregelmäßigere Arbeitszeiten | Verzicht auf Mitarbeitende während der Ausgleichszeiten zusätzlicher Organisationsaufwand durch Erfassung der Überstunden |
Vorteile | potenziell mehr freie Tage Work-Life-Balance durch mehr Flexibilität | Kosteneffizienz Bewältigung von Auftragsspitzen gesteigerte Mitarbeitermotivation |
Freizeitausgleich: rechtliche Fragen und Compliance
Damit Arbeitnehmende Anspruch auf einen Freizeitausgleich haben, muss die Voraussetzung erfüllt sein, dass der Arbeitgeber die Überstunden angeordnet oder zumindest stillschweigend akzeptiert hat. Leisten Angestellte „heimlich“ Überstunden oder Mehrarbeit, lässt sich daraus häufig kein automatisches Anrecht auf einen späteren Freizeitausgleich ableiten.
Zudem bestimmt im Regelfall der Arbeitgeber, ob geleistete Überstunden ausgezahlt oder im Rahmen eines Freizeitausgleichs abgebaut werden. Es sei denn, der Arbeits- oder Tarifvertrag sieht eine spezielle Regelung vor. Wann genau der Freizeitausgleich stattfinden soll bzw. darf, liegt ebenfalls weitgehend im Ermessen des Arbeitgebers.
Lesetipp: Überstunden auszahlen – das gilt!
Überstunden und Freizeitausgleich dokumentieren
Sammeln Arbeitnehmende Überstunden, gilt es, diese ebenso wie die regulären Arbeitszeiten lückenlos aufzuzeichnen. Dies stellt nicht nur die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeiterfassung sicher, sondern belegt zudem für alle Beteiligten nachvollziehbar die Ansprüche der Arbeitnehmenden auf Freizeitausgleich.
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FAQ zum Thema Freizeitausgleich
Wie wird der Freizeitausgleich für Überstunden geregelt?
Haben Arbeitnehmende Überstunden angesammelt, können diese durch zusätzliche Freizeit abgegolten werden. Die Entscheidung darüber, wann der Freizeitausgleich stattfindet, trägt der Arbeitgeber.
Kann Freizeitausgleich bei Krankheit verweigert werden?
Werden Arbeitnehmende während des Freizeitausgleichs krank, besteht kein Anrecht darauf, den Freizeitausgleich zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen.
Darf der Arbeitgeber Freizeitausgleich anordnen?
Wenn keine anderen vertraglichen Verfügungen vorliegen, hat der Arbeitgeber das Weisungsrecht bezüglich des Abbaus von Überstunden und kann somit einen Freizeitausgleich anordnen.
Wie ist der Freizeitausgleich bei Sonntagsarbeit geregelt?
Nach geleisteter Sonntagsarbeit haben Mitarbeiter:innen Anspruch auf einen Ersatzruhetag. Der einzuhaltende Ausgleichszeitraum liegt bei maximal zwei Wochen.
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