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9. September 2024
HR News im September: Die wichtigsten Trends für Personaler:innen
Arbeitsrechtliche Urteile, HR-Trends, handverlesene Studien: In unseren HR News gibt's jeden Monat einen knackigen Überblick über neue Top-Themen aus dem Personalbereich. Denn der frühe Vogel fängt den Wurm...
Die Perfektionismus-Falle
Was stresst Beschäftigte in Deutschland am meisten? Zu viele Überstunden? Nervige Chefs? Bossallüren? Ewig nörgelnde Kolleg:innen? Nichts davon. Eine aktuelle Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse förderte interessante Ergebnisse zutage. Rund 65 Prozent der Beschäftigten stecken demnach in der Perfektionismus-Falle – sie stressen sich durch ihre eigenen Anforderungen an sich selbst, den Job immer perfekt machen zu wollen.
Da treten sogar andere Stressfaktoren in den Hintergrund, wie etwa
Zeitdruck (62 Prozent)
die Erwartungshaltung anderer (40 Prozent)
Mehrarbeit (36 Prozent)
Die Folgen selbstgemachten Stresses sind drastisch: Laut Umfrage sind bereits 28 Prozent der Befragten bereits wegen Druck und Belastung im Job ausgefallen. Und die Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen nehmen zu. Auf 100 KKH-Versicherte kommen 2024 109 Fehltage – 2019 waren es gerade einmal 75 Ausfalltage.
Das Streben nach Perfektion gehört in einer leistungsorientierten Gesellschaft offensichtlich für viele unabdingbar zum Erfolg dazu. Wer ständig erreichbar und ansprechbar ist, demonstriert anderen seine Leistungsfähigkeit. Eine Einschätzung, die offensichtlich vor allem negative Auswirkungen auf Frauen hat. Laut Umfrage sind 20 Prozent der Frauen und nur 11 Prozent der Männer „sehr häufig gestresst“.
Damit Stress nicht zu psychischen Erkrankungen führt, kann und sollte HR vorbeugend handeln. Stresspräventionsprogramme sind ein wichtiger Bestandteil des Gesundheitsmanagements. Hier können Beschäftigte lernen, mit Stresssituationen umzugehen und Resilienz zu entwickeln. Viel grundlegender hilft allerdings eine Unternehmenskultur, die den Umgang mit Themen wie Leistung und Belastung offen kommuniziert und dabei eine Haltung einnimmt, die den Mitarbeitenden als Menschen und nicht als beliebig verfügbare Ressource in den Mittelpunkt rückt.
Ausbildungsvergütung schlägt den Fachkräftemangel?
Der Anstieg der tarifvertraglichen Ausbildungsvergütungen liegt auch 2024 wieder deutlich über dem der Löhne. „Insbesondere im Hinblick auf den Fachkräftemangel ist eine deutliche Erhöhung von Ausbildungsvergütungen die richtige Strategie“, erläutert Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, Wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler Stiftung die Ergebnisse einer aktuellen WSI-Studie zum Ausbildungsjahr 2024.
Im Hinblick auf den Fachkräftemangel ist eine deutliche Erhöhung von Ausbildungsvergütungen die richtige Strategie.
– Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, Direktorin WSI
Das sind die Zahlen: Während zwischen 2019 und 2024 in den untersuchten 20 Tarifbranchen die Löhne im Schnitt um nur 15 Prozent gestiegen sind, liegen die Anpassungen der Ausbildungsvergütungen teils deutlich höher: In zwölf Tarifbereichen zwischen 30 und 40 Prozent, in weiteren sechs zwischen 20 und 30, nur in acht Tarifbereichen fielen die Erhöhungen geringer als 15 Prozent aus.
Nach wie vor sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen und Regionen stark ausgeprägt.
Die Top 3 im ersten Lehrjahr:
Azubis in Pflegeberufen erhalten 1341 Euro
Azubis im privaten Bankgewerbe erhalten 1300 Euro
Azubis in der Textilindustrie erhalten 1245 Euro
Die Top 3 im dritten Lehrjahr
Azubis im Bauhauptgewerbe erhalten 1550 Euro
Azubis in Pflegeberufen erhalten 1503 Euro
Azubis im privaten Bankgewerbe erhalten 1450 Euro
Am Ende der Vergütungskette stehen im dritten Lehrjahr die Auszubildenden im Friseurhandwerk, der Landwirtschaft (beide 960 Euro) und Floristik (1000 Euro). Das WSI dazu: „Die Vergütung reflektiert die Stellung Knappheit bestimmter Berufe auf dem Arbeitsmarkt“.
Achtung: Dieses Recruiting-Wissen ist eine Chance für HR
HR hingehört! Nur vier von zehn Menschen bewerben sich gerne. Woran das liegt? Für jeden Zweiten ist der Bewerbungsprozess negativ mit Stress und Druck verknüpft und 46 Prozent dieser Bewerbungsmuffel befürchten, erneut enttäuscht oder gar abgelehnt zu werden. Haupthemmnis für eine Bewerbung ist für 56 Prozent das Vorstellungsgespräch, bei den 16- bis 20-Jährigen sehen das sogar drei von vier Befragten. Diese beunruhigenden Zahlen liefert eine aktuelle Umfrage, die das Jobportal indeed beauftragt hatte.
Ein Alarmzeichen für HR, den eigenen Bewerbungsprozess und dessen Außenwirkung dringend auf Herz und Nieren zu überprüfen. Fast 75 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, dass negative Erlebnisse bei früheren Bewerbungen bei ihnen nachhallen und die Motivation für weitere Bewerbungsaktivitäten drücken. Als besonders schmerzhaft wurden Ghosting-Erfahrungen beschrieben, die satte 81 Prozent der Bewerber:innen zwischen 30 und 50 gemacht hatten. Und drei von zehn Befragten ging der Bewerbungsprozess viel zu langsam.
Doch HR kann hier aktiv gegensteuern – mit transparenten, schnellen und vor allem verlässlich-authentischen Bewerbungsprozessen. Dabei helfen HR-Plattformen, über die einzelne Prozessschritte digitalisiert und automatisiert und den Bewerber:innen auf diesem Weg erste positive Candidate Experiences kommuniziert werden können. Ein weiterer Schritt, Recruiting aktiver zu gestalten, ist Active Sourcing, also die direkte Ansprache von Kandidat:innen. In der Indeed-Umfrage gaben 27 Prozent der Befragten an, dass sie sich „definitiv“ bei diesem Unternehmen bewerben würden. Doch Active Sourcing steht bei vielen Unternehmen offensichtlich noch nicht auf der Agenda – nur vier von zehn Beschäftigten wurden aktiv auf einen Job angesprochen. Eine vertane Chance.