13. März 2020

Wie Corona die Welt in Schach hält – und HR sich rüsten sollte

Wie Corona die Welt in Schach hält – und HR sich rüsten sollte

Covid-19, die durch das neuartige Corona-Virus ausgelöste Krankheit, ist längst kein “privates” Problem mehr, sondern hat Einzug in Deutschlands Büros gehalten. Hier kann HR glänzen und Ruhepol für alle in der Corona-Krise sein. Wir führen Sie gemeinsam mit der Arbeitsrecht-Expertin, Sarah Klachin von Pinsent Masons, durch die wichtigsten Aspekte und geben Praxistipps, wie Sie stets HerrIn der Situation bleiben.

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Das sagt das Arbeitsrecht

Grundsätzlich richten sich auch in Zeiten von Covid-19 die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers weiterhin nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Dennoch können Arbeitgeber das Risiko einer Erkrankung in der Belegschaft mit ein paar Maßnahmen reduzieren und Mitarbeiter so schützen. Gleichzeitig hilft Ihnen eine gute Vorbereitung, flexibel mit der Situation umzugehen.

Webinar-Aufzeichnung: Corona-Virus in 30 Minuten

In diesem Webinar erklärt der Arbeitsrechtler Dr. Philipp Raben von der Kanzlei Osborne Clarke, welche Rechte und Pflichten Arbeitgeber angesichts der Corona-Situation haben.

Corona-Virus in 30 Min: Was Arbeitgeber wissen müssen

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1. Erlauben Sie Arbeit von zu Hause

Sich auf dem Weg zur Arbeit oder im Büro anstecken will keiner. Obwohl Mitarbeiter grundsätzlich dazu verpflichtet sind, auch während der Ausbreitung einer ansteckenden Krankheit am Arbeitsplatz zu erscheinen, ist Home Office eine gute Alternative.

Sofern im Betrieb keine konkrete Infektionsgefahr besteht, ist einfach der Arbeit fernbleiben keine Möglichkeit. Arbeitgeber können allerdings, um ihrer Fürsorge nachzukommen, ihren Mitarbeitern die Arbeit aus dem Home Office anbieten.

Sarah Klachin, Anwältin für Arbeitsrecht bei Pinsent Masons

Sarah Klachin

Eine ein- bis zweiwöchige “Home-Office-Quarantäne” eignet sich zudem als Schutzmaßnahme bei Mitarbeitern, die in Kontakt mit einer infizierten Person waren, die gerade aus dem Urlaub in einem Krisengebiet kommen oder in Kontakt mit einer Person standen, die kürzlich in einem Krisengebiet war. Das Gehalt ist in diesem Fall weiterzuzahlen.

Generell gilt: Der Arbeitgeber kann Arbeitnehmer grundsätzlich nicht zwingen, aus dem Home Office zu arbeiten, da eine Tätigkeit im Home Office die persönliche Sphäre des Arbeitnehmers betrifft. Der Arbeitgeber darf die Arbeit aus dem Home Office aber anordnen, wenn dies vereinbart ist bzw. wird (individuell oder zum Beispiel durch eine Betriebsvereinbarung) und zudem auch ein Arbeitsplatz bei dem jeweiligen Arbeitnehmer zu Hause vorhanden ist, der den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Ein Recht der Arbeitnehmer auf Arbeit aus dem Home Office gibt es dagegen nicht. (Die bloße Angst vor einer Ansteckung berechtigt den Arbeitnehmer also auch nicht, nicht am Arbeitsplatz zu erscheinen.) Prinzipiell müsste also zunächst für jeden Einzelfall geprüft werden, welche individualvertragliche Vereinbarung mit dem einzelnen Arbeitnehmer geschlossen wurde und ob nach dieser die Anordnung der Arbeit aus dem Home Office zulässig ist.

Tipps fürs Home Office

Für den Fall einer Kollektiv-Quarantäne haben wir für Sie ein paar Tipps zusammengefasst, die das Home Office produktiver macht:

  • Bezug zu Kollegen erhalten: Ihre Führungskräfte können ein morgendliches digitales Kaffeekränzchen für zehn Minuten einstellen. Hierbei geht es darum, den Tag zu planen und einfach mal Hallo zu sagen.

  • Routine ist wichtig: Ihre Mitarbeiter und Sie sollten ihren Tag so gestalten wie üblicherweise (zu derselben Zeit frühstücken, duschen, sich anziehen usw.).

  • Sich einen Arbeitsplatz zu Hause schaffen: Mitarbeiter sollten nicht im Bett oder bei laufendem Fernseher arbeiten, sondern sich einen festen Arbeitsplatz einrichten, um in den Arbeitsmodus zu kommen.

  • Feste Regeln für Online Meetings setzen: Jeder sollte pünktlich zu den Terminen erscheinen und am besten die Kamera einschalten, um eine engere Verbindung zu schaffen.

In dieser Vorlage finden Sie weitere Best Practices fürs Home Office und können Sie an Ihre Mitarbeiter weiterleiten.

2. Reduzieren Sie Dienstreisen ins Ausland auf ein Minimum

Viele Arbeitgeber bemühen sich, Dienstreisen ins Ausland, vor allem in Krisengebiete, zu vermeiden. Allerdings ist das nicht immer möglich. Eine etwaige arbeitsvertragliche Pflicht zur Vornahme von Auslandsreisen erlischt nicht alleine aufgrund der Ausbreitung von Covid-19, so Klachin. Arbeitgeber hätten aber auch eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern, weshalb Auslandsreisen auf ein Minimum beschränkt werden sollten.

Zudem sollte der Gesundheitszustand der Arbeitnehmer berücksichtigt werden. Mitarbeiter mit geschwächter Konstitution müssen kein zusätzliches Gesundheitsrisiko eingehen. In manchen Fällen können Arbeitnehmer Dienstreisen auch verweigern:

Das Recht, eine Dienstreise zu verweigern, besteht erst bei einer offiziellen Reisewarnung des Auswärtigen Amtes, denn dann ist die Arbeitsleistung mit erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit verbunden und somit unzumutbar.

Sarah Klachin, Anwältin für Arbeitsrecht bei Pinsent Masons

3. Hygienemaßnahmen erhöhen

Sich regelmäßig die Hände zu waschen und anderen Leuten nicht ins Gesicht zu husten/niesen, gehört auch jenseits von Corona zum guten Hygiene-Ton. Um Ihrer Fürsorgepflicht als Arbeitgeber nachzukommen, können Sie bei der aktuellen Situation aber z. B. mehr Desinfektionsmittel bereitstellen (die Mitarbeiter an die anfangs genannten Hygienestandards zu erinnern, schadet aber auch nicht).

Wichtig ist, Arbeitnehmer konstant über das Infektions- und Ansteckungsrisiko in der jeweiligen Region auf dem Laufenden zu halten. Empfehlenswert ist auch, verbindliche Vorgaben zu machen, wie mit der Situation im jeweiligen Betrieb umzugehen ist und diese Vorgaben auch im Betrieb zu veröffentlichen.

4. Der 9-Punkte-Corona-Vorbereitungsplan

Human Resource Today gibt in diesem Artikel Tipps, wie Sie HerrIn der Situation bleiben. Wir haben die wichtigsten Punkte für Sie zusammengefasst:

  • Bleiben Sie rechtlich auf der sicheren Seite: Fokussieren Sie bei Ihrer Kommunikation auf Aktionen statt auf Personen, um Diskriminierungen zu vermeiden, z. B.: “Wenn Ihr in letzter Zeit in China gewesen seid, empfehlen wir …”.

  • Stufen Sie das Risiko ein: Machen Sie Abstufungen und dröseln Sie auf, in welcher Situation welches Risiko besteht. Risiko Stufe 1: Ein Mitarbeiter ist infiziert; Risiko Stufe 2: Jemand zeigt Symptome usw.

  • Lockern Sie Home-Office- und Krankheitsregelungen: Ermöglichen Sie Mitarbeitern, im Zweifelsfall lieber von zu Hause zu arbeiten, statt kränklich zur Arbeit zu kommen und zur Gesundheitsgefahr für Kollegen zu werden.

  • Reduzieren bzw. eliminieren Sie Dienstreisen: Wie oben bereits erwähnt, bietet es sich momentan eher an, Termine über Online-Tools wie Google Hangouts oder Zoom abzuhalten.

  • Stellen Sie nötiges Equipment bereit: Das können mehr Desinfektionsmittel, aber auch technische Ausrüstung für das Home Office sein.

  • Bleiben Sie auf dem Laufenden: HR ist die Nr. 1 Informationsquelle für Mitarbeiter. Folgen Sie also vertrauenswürdigen Quellen, z. B. dem Bundesgesundheitsministerium, um auf dem aktuellsten Stand der Dinge zu sein.

  • Kontrolle statt Krise: Bei so viel Medienpanik, die momentan verbreitet wird, lässt sich der ein oder andere Mitarbeiter schon einmal beeinflussen. Sie haben es mit Ihren Maßnahmen und Ihrer Kommunikation in der Hand, Ruhe und Kontrolle in die Situation zu bringen. Stellen Sie regelmäßig aktuelle Informationen bereit, zitieren Sie nur verlässliche Quellen, richten Sie evtl. einen Corona-Frage-Chat ein und dienen Sie immer als vertrauensvoller Ansprechpartner.

Der Staat unterstützt Unternehmen

Große Koalition erleichtert Kurzarbeit

Um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise in Grenzen zu halten, wird die Bundesregierung dazu berechtigt, den Bezug von Kurzarbeitergeld zu erleichtern und Liquiditätshilfen zur Verfügung zu stellen. Dies hat die Große Koalition am 8. März 2020 beschlossen.

Das entsprechende Gesetz soll in der ersten April-Hälfte in Kraft treten und zunächst bis Ende 2020 gelten. Das ändert sich laut Klachin:

  • Bereits wenn zehn Prozent der Belegschaft vom Arbeitsausfall betroffen ist, kann Kurzarbeit beantragt werden (vorher waren es 30 %).

  • Es soll darauf verzichtet werden können, negative Arbeitszeitsalden vor Zahlung des Kurzarbeitergeldes aufzubauen.

  • Die Bundesagentur für Arbeit soll Sozialversicherungsbeiträge in voller Höhe erstatten.

  • LeiharbeitnehmerInnen sollen ebenfalls Kurzarbeit beziehen können.

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für 7 Tage

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband hat sich darauf verständigt, dass Patienten mit leichten Erkrankungen der oberen Atemwege eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zu sieben Tage nach telefonischer Absprache mit ihrem Arzt ausgestellt bekommen können. Sie müssen ihren Arzt dafür also nicht persönlich sehen. Diese Regelung gilt zunächst für die nächsten vier Wochen (ab 09.03.2020).

Wichtig: Patienten, die schwere Symptome des Corona-Virus zeigen oder Kriterien des Robert-Koch-Instituts (RKI) für einen Verdacht auf eine Infektion mit COVID-19 erfüllen, sollten unbedingt ihren Arzt aufsuchen, heißt es in der gemeinsamen Pressemitteilung der KBV und GKV.

Wie Sie als HRler den ökonomischen Schaden im Rahmen halten

Die einen Mitarbeiter sind genervt von Corona und die anderen drehen durch. Covid-19 bringt so manchen Arbeitsalltag durcheinander. HR kann hier für Ordnung, ein entspanntes Arbeitsklima und somit für eine Eingrenzung des wirtschaftlichen Schadens leisten, wie HRD Connect zeigt:

  • Fördern Sie einen offenen Dialog: Hören Sie sich die Bedenken von Ihren Mitarbeitern an und bitten Sie auch Führungskräfte, ihre Teams beispielsweise über die wirtschaftlichen Auswirkungen aufzuklären.

  • Beziehen Sie Mitarbeiter in Entscheidungen ein: Fragen Sie proaktiv nach, ob beispielsweise Home Office gewünscht ist. Wenn Mitarbeiter gefragt werden, fühlen sie sich einbezogen und sind eher offen für alle Entscheidungen des Managements.

  • Sie treiben ortsunabhängiges Arbeiten voran: Für viele Unternehmen ist Remote Work noch Neuland. Als HRler schaffen Sie eine stabile Grundlage für diese neue Arbeitsweise: Wer arbeitet wann? Wie sieht teamübergreifende Arbeit aus? Wie gehen wir mit Problemen und Entwicklungsthemen um?

Der Ernstfall: Wenn ein Mitarbeiter Corona hat

Die Bundesregierung geht davon aus, dass der Corona-Virus 60-70 % der Bevölkerung treffen kann. Was dann? Wenn ein Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen positiv auf Corona getestet wird, empfiehlt es sich, alle anderen Mitarbeiter ins Home Office zu schicken und die zuständige Gesundheitsbehörde einzubeziehen. Ihre zuständige Gesundheitsbehörde finden Sie über dieses Tool des Robert Koch Instituts.

Sofern Arbeitnehmer aufgrund einer behördlichen Anordnung ein berufliches Tätigkeitsverbot erteilt bekommen oder sogar unter Quarantäne gestellt werden, kann der Arbeitnehmer eine Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls beanspruchen.

Sarah Klachin, Anwältin für Arbeitsrecht bei Pinsent Masons

Den Verdienst müssen Sie zunächst für einen Zeitraum von sechs Wochen auszahlen. Sie können aber einen Antrag stellen, um diese Zahlungen von der zuständigen Behörde erstattet zu bekommen. Sollte Ihr Betrieb aus Vorsorgegründen eingestellt werden, wäre dies dem Arbeitgeberrisiko zuzurechnen. In diesen Fällen hat der Arbeitgeber grundsätzlich die Pflicht, den Lohn fortzuzahlen. Sofern im Einzelfall rechtlich möglich, kann eine aus der Einstellung des Betriebes resultirende Freistellung aber unter Abbau von Überstunden angeordnet werden, so Klachin.

Fürsorgepflicht: Wenn es das Kind eines Arbeitnehmers trifft

Erkrankt das Kind Ihres Arbeitnehmers, gelten grundsätzlich die allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen, es kommt also zunächst auf die individuellen Regelungen im Arbeitsvertrag beziehungsweise die gesetzlichen Regelungen an. Wichtig ist hierbei vor allem das Alter des Kindes, ob eine anderweitige Betreuung möglich ist und ob eine Betreuung des Kindes aufgrund des Alters erforderlich ist. Eltern müssen zuallererst versuchen, die Kinderbetreuung anderweitig zu organisieren, z. B. durch andere Familienmitglieder. Erst wenn eine Betreuung nicht möglich ist, können Arbeitnehmer zu Hause bleiben.

Sollten Schulen oder Kindergärten als Vorsorgemaßnahmen gegen die Verbreitung von Covid-19 geschlossen werden, können Arbeitnehmer notfalls auch hier für die Kinderbetreuung zu Hause bleiben. Ob sie in diesem Zeitraum aber auch ihre Vergütung weiter erhalten, ist wieder abhängig davon, ob tatsächlich keine andere Betreuung der Kinder möglich ist.

Zuallererst sollten Arbeitnehmer in jedem Fall eine gemeinsame Lösung mit ihrem Arbeitgeber suchen, z. B. die Arbeit aus dem Home Office oder den Abbau von Überstunden, so Klachin.

Kommunizieren Sie Maßnahmen und das Infektionsrisiko

Bei all diesen Maßnahmen ist es wichtig, dass Sie sie auch an die Belegschaft kommunizieren – mit regelmäßigen Updates zur aktuellen Situation, dem bestehenden Infektionsrisiko und Ihren Schutzmaßnahmen.

  • Erstellen Sie z. B. ein zentrales Dokument, in dem Sie alle wichtigen Entwicklungen und Maßnahmen, welche die Mitarbeiter betreffen, zusammenfassen. Unser HR-Team bei Personio beantwortet zum Beispiel Fragen wie …

  • Welche Vorbeugungsmaßnahmen werden getroffen?

  • Wie ändert sich die Zusammenarbeit mit anderen Kollegen, z. B. bei Remote Work?

  • Wie gehen Sie mit Home Office und Dienstreisen um?

  • Wie verhalte ich mich, wenn ich in einem Krisengebiet war, Kontakt zu einer infizierten Person hatte oder selbst Symptome zeige?

  • Welche Unternehmensveranstaltungen werden evtl. abgesagt?

Über Marina Buller

Über Marina Buller

Marina ist Content Marketing Manager bei Personio und hat sich ganz HR- und Recruiting-Themen verschrieben. Bereits nach ihrem Master-Studium im schwedischen Lund sammelte sie HR Insights während ihrer Arbeit bei XING. Diese Erfahrungen lässt sie nun in ihre Texte einfließen – immer nach Personios Devise “Personalarbeit vereinfachen”.

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