Karenzentschädigung: Höhe, Berechnung, Zahlung

Karenzentschädigung

In Zeiten eines dramatischen Fachkräftemangels wollen sich immer mehr Unternehmen davor schützen, das Branchen- und Fachwissen ihrer wichtigsten Mitarbeitenden direkt an den Wettbewerb zu verlieren. Sie schließen deshalb ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ab – verbunden mit einer Karenzentschädigung. Was das ist, wie sie vertraglich geregelt werden soll und vor allem, wie hoch diese Karenzentschädigung sein muss, erfahren Sie in diesem Beitrag. Außerdem: Wie Sie die Karenzentschädigung berechnen und welche Fallstricke für HR drohen.

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Was ist eine Karenzentschädigung?

Als Karenzentschädigung bezeichnet man jene Entschädigung, die ein Unternehmen einem Mitarbeitenden nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen hat, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot besteht. Die Karenzentschädigung dient dem Mitarbeitenden als Ausgleich für jene Nachteile, die ihm aus dem Wettbewerbsverbot entstehen. Die Dauer dieser Zahlung richtet sich nach der Dauer des vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbots. Für die Höhe der Zahlung gibt es einen gesetzlichen Mindeststandard, sie kann aber vertraglich frei geregelt werden. Mehr dazu erfahren Sie in Kapitel 4 dieses Beitrags.

Karenzentschädigung ist also stets mit einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot für Arbeitnehmende verknüpft. Denn diese besondere Form des Wettbewerbsverbots, das nach der ordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses greift, schränkt den betroffenen Arbeitnehmenden in seiner Berufsfreiheit spürbar ein und ist ohne Karenzentschädigung rechtlich unwirksam.

Rechtlicher Hintergrund zum Wettbewerbsverbot

Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmende ihren Arbeitgebenden währendeines bestehenden Arbeitsverhältnisses keine Konkurrenz machen. Dieses Wettbewerbsverbot ist in §§ 60 und 61 Handelsgesetztuch (HGB) geregelt. Ausnahmen hiervon können vertraglich festgehalten werden. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet dieses Wettbewerbsverbot – es sei denn, die Parteien haben ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart.

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So muss eine Karenzentschädigung vertraglich geregelt sein

Grenzen und Inhalt bzw. die Voraussetzungen des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sind in den §§ 74 und 75 HGB sowie in § 110 der Gewerbeordnung geregelt. Damit dieses Verbot wirksam wird, muss es schriftlich abgefasst und von beiden Parteien eigenhändig unterschrieben sein. Dies kann entweder direkt im individuellen Arbeitsvertrag geschehen oder in einem separaten Dokument. Ein Fax oder eine Mail reichen nicht aus.

Folgende Punkte müssen unbedingt festgelegt werden:

  • Länge des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots

  • das berechtigte, geschäftliche Interesse des Arbeitgebers

  • das räumliche Gebiet

  • die Tätigkeit

  • Höhe der Karenzentschädigung

Aus der maximalen Laufzeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots von zwei Jahren ergibt sich auch die Laufzeit der Karenzentschädigung. Beispiel: 1 Jahr Verbot = 1 Jahr Karenzentschädigung.

Achtung: Auch wenn im Arbeitsvertrag eine Salvatorische Klausel enthalten sein sollte, ist das nachvertragliche Wettbewerbsverbot ohne Zusage einer Karenzentschädigung unwirksam.

Laut Rechtsprechung durch das Bundesarbeitsgericht aus dem Jahr 2006 reicht zur Vereinbarung einer Karenzentschädigung bereits ein pauschaler Hinweis auf die o.g. Paragraphen des HGB. Daraus ergibt sich dann die gesetzliche Mindesthöhe von 50 Prozent der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen.

Wenn die berechtigten geschäftlichen Interessen des Unternehmens den Möglichkeiten zum beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmenden entgegenstehen, wird zwischen den auferlegten Beschränkungen und der gewährten Karenzentschädigung abgewogen. Denn ein unverhältnismäßiges Verbot - etwa zur geographischen Ausdehnung - ist unverbindlich. Dem Betroffenen bleibt es selbst überlassen, ob er sich an das Wettbewerbsverbot hält oder nicht.

Beispiel: Ein Automobilhersteller mit Sitz in München verbietet seinem Chefdesigner nach Ende des Arbeitsverhältnisses eine Beschäftigung bei sämtlichen anderen Herstellern der Branche – und zwar in ganz Deutschland. Damit wird das berufliche Fortkommen des ehemaligen Mitarbeitenden unverhältnismäßig eingeschränkt.

Bei den Formulierungen des Wettbewerbsverbots sollte HR darauf achten, den Mitarbeitenden nicht derart einzuschränken, dass es einem Berufsausübungsverbot gleichkommt.

Wann muss der Arbeitgeber eine Karenzentschädigung zahlen?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Karenzentschädigung für die Dauer des vereinbarten Wettbewerbsverbots zu zahlen. Die Auszahlung ist am Schluss jeden Monats von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses an fällig.

Monatliche Abschlagszahlungen sind hingegen dann zu zahlen, wenn die Höhe der Karenzentschädigung aufgrund anrechenbarer Verdienste aus selbstständiger Tätigkeit nur jährlich ermittelt werden kann. Am Ende eines Jahres wird dann eine finale Abrechnung über das Jahr vorgenommen.

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Höhe und Berechnung der Karenzentschädigung?

Wie bereits erwähnt, beträgt die gesetzliche Mindesthöhe der Karenzentschädigung 50 Prozent der zuletzt gezahlten Leistungen (§ 74 Abs. 2 HGB). Liegt die vertraglich zugesicherte Entschädigung unter dieser Grenze, so kann der betroffene Arbeitnehmende entscheiden, das damit verbundene Wettbewerbsverbot einzuhalten und die zu geringe Entschädigung zu akzeptieren oder nicht.

Eine höhere Karenzentschädigung kann jederzeit vereinbart werden.

Auskunftsanspruch zu Einkünften

Arbeitnehmende müssen dem Arbeitgeber immer Auskünfte über die Höhe ihrer Einkünfte erteilen. Tun sie dies trotz Aufforderung nicht, kann der Arbeitgeber die Zahlungen der Karenzentschädigung zurückhalten – während das Wettbewerbsverbot bestehen bleibt!

So berechnen Sie die Karenzentschädigung

Bei der Berechnung der Karenzentschädigung müssen sämtliche Einkommensbestandteile berücksichtigt werden. Dazu zählen neben den regelmäßigen Gehaltszahlungen auch sämtliche Bonuszahlungen und Provisionen genauso wie Urlaubs- und/oder Weihnachtsgeld. Auch Sachleistungen wie z.B. der Dienstwagen gehören hier dazu.

Wichtig für HR: Der betroffene Arbeitnehmende muss nicht nur einen rechtlichen Anspruch auf die genannten Einkommensbestandteile gehabt, sondern diese auch tatsächlich erhalten haben.

Anrechnung anderer Einkünfte

Hat der Arbeitnehmende während des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots andere Einkünfte, so müssen diese auf die gezahlte Karenzentschädigung angerechnet werden. Dafür gilt allerdings eine Bedingung: Der Betrag der Entschädigung und der zusätzliche Verdienst müssen dafür mehr als 110 Prozent des letzten Brutto-Verdienstes betragen (§ 74c HGB). Ausnahme: Ist der Arbeitnehmende durch den Wettbewerbsvorteil zu einem Umzug gezwungen, erhöht sich der Gesamtbetrag auf 125 Prozent des letzten Brutto-Verdienstes.

Beispiel:

Die ehemalige Marketing-Chefin eines Unternehmens erhält für die Dauer von sechs Monaten eine Karenzentschädigung in Höhe von 4.500 €. Ihr letztes Brutto-Gehalt betrug 9.000 €. Damit entspricht die Karenzentschädigung der gesetzlich festgelegten Mindesthöhe von 50 Prozent. Sie arbeitet nun in einem neuen Unternehmen, das nicht vom Wettbewerbsverbot betroffen ist. Ihr aktueller Verdienst beim neuen Arbeitgeber beträgt 4.000 €. Insgesamt verdient sie damit 9.500 € im Monat.

Mit dieser Formel berechnen Sie den Anrechnungsbetrag:

Letztes Brutto-Gehalt x 110 % = Anrechnungsbetrag

9.000 x 110% = 9.900 €

Im genannten Fall liegt der aktuelle Verdienst in Höhe von 9.500 € um 400 € unter dem Anrechnungsbetrag. Die Folge: Ihr Unternehmen muss weiterhin die volle Karenzentschädigung zahlen. Bis zum Ende des Wettbewerbsverbots.

Karenzentschädigung und Arbeitslosengeld

Nicht nur ein Verdienst aus einer neuen Tätigkeit ist auf die Karenzentschädigung anzurechnen, auch gezahltes Arbeitslosengeld muss berücksichtigt werden. Basis für die o.g. Berechnung ist der Auszahlungsbetrag.

Die Deckelung des Arbeitslosengeldes I – das eine Versicherungsleistung darstellt – auf maximal 2237 € für einen Single in Steuerklasse I wird im Regelfall nicht zu einer Kürzung der Karenzentschädigung führen. Das BAG hat in seiner Rechtsprechung bisher offengelassen, ob das ALG I überhaupt als Verdienst im Sinne des HGB zu betrachten ist.

Auch Leistungen wie Insolvenzgeld, Krankengeld oder Kurzarbeitergeld müssen auf die Karenzentschädigung angerechnet werden.

Karenzentschädigung: Sozialversicherung und Lohnsteuer

Wird die Karenzentschädigung noch während des laufenden Beschäftigungsverhältnisses gezahlt, ist sie als Einmalzahlung beitragspflichtig in der Sozialversicherung. Dies wird aber hinfällig, wenn die Entschädigung erst nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmenden gezahlt wird. Denn bei einer Entschädigungszahlung handelt es sich nicht um ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt. Folglich ist diese nicht lohnsteuerpflichtig.

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